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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0356
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352

Aristophanes

die Bezüge auf das Stück in den Acharnern (und die Erklärungen der Scholien
dazu). Diese an sich günstige Überlieferungslage äußert sich auch in einer
besonders großen Zahl von Rekonstruktionsversuchen,5 die allerdings nur
zu wenigen allgemein anerkannten Ergebnissen geführt haben. Das Problem
besteht hier nicht so sehr in einem Mangel an aussagekräftigen Elinweisen,
sondern in den Schwierigkeiten, daraus eine plausible Komödienhandlung
und -Struktur zusammenzufügen.6
Während über die Rolle des Dionysos als einer der Charaktere des Stücks
(vielleicht der Protagonist) und die der Babylonier als Chor weitgehend
Einigkeit herrscht, wird insbesondere die politische Tendenz des Stücks bis
heute kontrovers diskutiert. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die ba-
bylonischen Mühlensklaven für die athenischen Bundesgenossen stehen (so
zuerst Fritzsche 1830, 20, und vgl. zu dieser Annahme, die bis ins frühe 20. Jh.
immer mehr zur communis opinio wurde, besonders Schrader 1884, Rostagni
1925, 480-5, Kraus 1985, 104). Dagegen wenden sich Croiset 1906, 65-6 und
besonders Norwood 1930 (und in der Nachfolge Norwoods z.B. Forrest 1975,
19-20, Storey 1987, 30-1, Fois 1998, 115-6). Eine vermittelnde Position nimmt
Welsh 1983 ein, der einerseits von einer primär babylonischen Identität der
Mühlensklaven ausgeht, andererseits aber auch vermutet, dass in dem Stück
die Situation der athenischen Bundesgenossen mit derjenigen der Babylonier
unter persischer Herrschaft verglichen wurde. Die meisten Diskussionen und
Rekonstruktionsversuche des Stücks gehen von dessen politischer Thematik
aus (so besonders Rostagni 1925, 465-93, Frey 1946,131-8, Forrest 1975, Kraus
1985, 104-7, Fois 1998); Norwood 1930 und Olson 2002, xxviii-xxx stellen
dagegen die Figur des Dionysos in den Mittelpunkt, während sich zuletzt
Starkey 2013 auf die zahlreichen Hinweise auf Militär und Seefahrt in den
Fragmenten konzentriert.
Mit den folgenden Bemerkungen wird hier ein neuer Versuch unternom-
men, noch einmal ganz von vorne anzufangen und in kleinen Schritten aus
dem Titel, den Testimonien und den Fragmenten zumindest einzelne inhalt-
liche Elemente des Stücks zu erschließen und eine annähernde Vorstellung
von dessen Struktur und Handlung zu gewinnen:
1. Aus dem Zitatkontext von fr. 71 bei Hesych. σ 150 (τούς έκ τού μυλώνος
ίδών Βαβυλωνίους) und Phot, σ 61 = Sud. σ 77 (έπισκώπτων τούς έστιγμένους)

5 Zu einem umfassenden Überblick vgl. unten im Anhang S. 558-80.
6 Vgl. z.B. Gunning 1882, 29, der am Ende seiner Zusammenfassung der aus den
Fragmenten erschließbaren Elemente bemerkt: „... omnia tarn male congruentia,
ut desperandum sit fore ut unquam investigetur, quomodo in una fabula suum
quodque locum habuerint.“
 
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