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VERANSTALTUNGEN
sogar von der Wiederkehr der Religion. Auch wenn man an die zuletzt genannte
These kritische Fragen stellen kann, muss man doch sagen: Religion ist als ein
Urphänomen der Menschheits- und Kulturgeschichte neu ins Blickfeld gerückt. Die
westeuropäische Entwicklung der letzten 200-300 Jahre dagegen hat sich in mensch-
heits- und kulturgeschichtlicher Sicht als ein Sonderweg herausgestellt.
Die Position der Kirchen
Das II.Vatikanische Konzil (1962—65) hat sich in der Erklärung „Nostra aetate“ „über
das Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen“ der damals sich erst andeuten-
den neuen Situation gestellt. Es spricht davon, dass sich die Menschheit „von Tag zu
Tag enger zusammenschließt und die Beziehungen unter den Völkern sich mehren.“
Das Konzil sah seine Aufgabe darin, „Einheit und Liebe unter den Menschen
und damit auch unter den Völkern zu fördern.“ Dazu will diese Erklärung ins
Auge fassen, „was den Menschen gemeinsam ist und sie zur Gemeinsamkeit unter-
einander führt“ (ebd. 1).
In dieser Erklärung ist im einzelnen insbesondere vom Dialog mit dem Juden-
tum und mit den Muslimen die Rede. Mit dem Judentum ist das Christentum in
einer besonderen und religionsgeschichtlich einmaligen Weise verbunden. Die
Erklärung „Nostra aetate“ hat die gemeinsamen Wurzeln von Judentum und Chri-
stentum herausgestellt und jede Form von Antisemitismus bedauert und verurteilt
(ebd. 4). Auf dieser Grundlage hat sich in der Zwischenzeit ein sehr fruchtbarer
Dialog entwickelt, der aber, weil es sich um ein — religionsgeschichtlich gesehen —
einmaliges Verhältnis handelt, nicht unter der Rubrik interreligiöser Dialog läuft,
sondern als eigenständiger Dialog neben dem ökumenischen und dem interreligiö-
sen Dialog behandelt wird. Von den Muslimen redet die Erklärung „mit Hochach-
tung“ (cum aestimatione'), sie spricht dann von „Zwistigkeiten und Feindschaften“ der
Vergangenheit und mahnt zu gegenseitigem Verstehen und Zusammenarbeit für
soziale Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit für alle Menschen (ebd. 3). Kürzer
erwähnt werden auch die großen asiatischen Religionen Hinduismus und Buddhis-
mus.
Um dieser Erklärung „Nostra aetate“ praktische Wirksamkeit zu geben, hat
Papst Paul VI. zu Pfingsten 1964 das Sekretariat, heute den Päpstlichen Rat für den
interreligiösen Dialog gegründet.3 In Papst Johannes Paul II hat der interreligiöse
Dialog einen mächtigen Förderer gefunden, besonders durch die beiden Weltgebets-
3 Dokumente von katholischer Seite: Paul VI. Apostolisches Schreiben „Evangelh nuntiandi“ über
die Evangelisierung in der Welt von heute (1975); Päpstlicher Rat für den interreligiösen
Dialog: L’atteggiamento della Chiesa di fronte ai seguaci di altre religiom. Riflessioni e orienta-
menti di Dialogo e Missione (1984); Johannes Paul II, Enzyklika „Redemptoris missio“ über die
fortdauernde Gültigkeit des missionarischen Auftrags (1990); Internationale Theologenkommis-
sion: „Das Christentum und die Religionen“ (1996). Glaubenskongregation: Erklärung „Domi-
nus Jesus“ (2000); Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung (2007). Sammlung
aller Dokumente: Pontifical Council for Interreligious Dialogue: Interrehgious Dialogue, ed.
E Gioia, Boston 2006.
VERANSTALTUNGEN
sogar von der Wiederkehr der Religion. Auch wenn man an die zuletzt genannte
These kritische Fragen stellen kann, muss man doch sagen: Religion ist als ein
Urphänomen der Menschheits- und Kulturgeschichte neu ins Blickfeld gerückt. Die
westeuropäische Entwicklung der letzten 200-300 Jahre dagegen hat sich in mensch-
heits- und kulturgeschichtlicher Sicht als ein Sonderweg herausgestellt.
Die Position der Kirchen
Das II.Vatikanische Konzil (1962—65) hat sich in der Erklärung „Nostra aetate“ „über
das Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen“ der damals sich erst andeuten-
den neuen Situation gestellt. Es spricht davon, dass sich die Menschheit „von Tag zu
Tag enger zusammenschließt und die Beziehungen unter den Völkern sich mehren.“
Das Konzil sah seine Aufgabe darin, „Einheit und Liebe unter den Menschen
und damit auch unter den Völkern zu fördern.“ Dazu will diese Erklärung ins
Auge fassen, „was den Menschen gemeinsam ist und sie zur Gemeinsamkeit unter-
einander führt“ (ebd. 1).
In dieser Erklärung ist im einzelnen insbesondere vom Dialog mit dem Juden-
tum und mit den Muslimen die Rede. Mit dem Judentum ist das Christentum in
einer besonderen und religionsgeschichtlich einmaligen Weise verbunden. Die
Erklärung „Nostra aetate“ hat die gemeinsamen Wurzeln von Judentum und Chri-
stentum herausgestellt und jede Form von Antisemitismus bedauert und verurteilt
(ebd. 4). Auf dieser Grundlage hat sich in der Zwischenzeit ein sehr fruchtbarer
Dialog entwickelt, der aber, weil es sich um ein — religionsgeschichtlich gesehen —
einmaliges Verhältnis handelt, nicht unter der Rubrik interreligiöser Dialog läuft,
sondern als eigenständiger Dialog neben dem ökumenischen und dem interreligiö-
sen Dialog behandelt wird. Von den Muslimen redet die Erklärung „mit Hochach-
tung“ (cum aestimatione'), sie spricht dann von „Zwistigkeiten und Feindschaften“ der
Vergangenheit und mahnt zu gegenseitigem Verstehen und Zusammenarbeit für
soziale Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit für alle Menschen (ebd. 3). Kürzer
erwähnt werden auch die großen asiatischen Religionen Hinduismus und Buddhis-
mus.
Um dieser Erklärung „Nostra aetate“ praktische Wirksamkeit zu geben, hat
Papst Paul VI. zu Pfingsten 1964 das Sekretariat, heute den Päpstlichen Rat für den
interreligiösen Dialog gegründet.3 In Papst Johannes Paul II hat der interreligiöse
Dialog einen mächtigen Förderer gefunden, besonders durch die beiden Weltgebets-
3 Dokumente von katholischer Seite: Paul VI. Apostolisches Schreiben „Evangelh nuntiandi“ über
die Evangelisierung in der Welt von heute (1975); Päpstlicher Rat für den interreligiösen
Dialog: L’atteggiamento della Chiesa di fronte ai seguaci di altre religiom. Riflessioni e orienta-
menti di Dialogo e Missione (1984); Johannes Paul II, Enzyklika „Redemptoris missio“ über die
fortdauernde Gültigkeit des missionarischen Auftrags (1990); Internationale Theologenkommis-
sion: „Das Christentum und die Religionen“ (1996). Glaubenskongregation: Erklärung „Domi-
nus Jesus“ (2000); Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung (2007). Sammlung
aller Dokumente: Pontifical Council for Interreligious Dialogue: Interrehgious Dialogue, ed.
E Gioia, Boston 2006.