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Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Gesetzgebung der Cauliten im 13. Jahrhundert: ausgewählte Zeugnisse ihrer Verfassung : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 10: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72132#0041

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40

Einleitung

dem Jahr 1205 wider61 und weist zugleich eine markante Nähe zu kartäusischen
Bräuchen auf62.
Mit dieser Positionierung der Prima Institutio am Beginn einer als Konstitu-
tionen' gefassten Gruppe folgen wir in gewisser Weise Edmond Martene, der die-
ses Kapitel zugleich als Beginn der in V repräsentierten Handschrift aus Val-des-
Choux dokumentiert hatte.63
Diesem Kapitel mit Prolog-Funktion folgen diverse Bestimmungen von im-
menser inhaltlicher Bandbreite: Namentlich A.1-26 schöpfen - wie schon ange-
deutet - bisweilen wörtlich aus der Gesetzgebung der Zisterzienser. Dies trifft
insbesondere für die traditionellen Bußformen leichter und schwerer Schuld, die
Wiederaufnahme von Flüchtigen, die Probezeit, den einheitlichen Buchbesitz, den
Aderlass und namentlich für die forma visitationis zu, die für fast alle Gemein-
schaften der Zeit modellbildend war. Diese Regelungen vermengen sich in struk-
turloser Aneinanderreihung in allen drei Textzeugen mit solchen zur Aufnahme,
zum Schweigen, zu Klosterneugründungen, zum Tragen der Messgewänder, er-
neut zu Ungehorsam und Verfehlungen, Flucht, Gewalt und Verschwörung, zum
Tragen des Habits, zur Anrufung der Heiligen, zur Klosterweihe oder zum Essen
und Trinken. Äußerst selten sind sinnverwandte Inhalte als zusammengehörig er-
kennbar.64
In diesem Mosaik enthalten sind auch 64 aufeinanderfolgende Regelungen ohne
Titel, die Walter de Gray Birch (vier davon deutlich Statuten) in seinem Ordinale
als Sexaginta quatuor regule miscellanee sine rubricis kennzeichnete.65 Auch diese
Bestimmungen sind inhaltlich völlig divergent. Die letzten Vorgaben (bei uns ab

61 Beide Dokumente kennen das grundsätzliche Verbot von Fleisch und Fett, das Fasten bei Was-
ser und Brot an bestimmten Tagen, die gemeinsame Kleidung und Mahlzeit von Prior und Kon-
vent, das Verbot von Frauen, die eingeschränkte Bewegungsfreiheit der Mönche, das Verbot,
eine fremde Zelle zu betreten, die Kontemplation oder die Mitgliederbeschränkung. In der Pri-
ma Institutio fehlen hingegen der Hinweis auf den Priorentitel, das härene Gewand (welches bei
den Kartäusern verpflichtend war), die Privatgebete, den Lebensunterhalt aufgrund von Miet-
einnahmen und insbesondere das Verbot von Privatbesitz sowie von Leinen und Flachs.

62 Auch die Kartäuser kannten die Beschränkung der Mitgliederzahl, das Verbot von Privatbesitz
und von Frauen oder nannten ihren Klosterleiter nicht Abt, sondern Prior. Siehe dazu und zum
Vorhergehenden Adamo, New Monks in Old Habits, S. 124.

63 Vgl. die Antiquae constitutiones et quaedam decreta capitulorum generalium Ordinis Vallis-
Caulium (= V), ed. Martene, Sp. 1651-1652. Auch Pascalis Vermeer, der sich dahingehend auf
die Edition von Brockie stützte, nutzte diesen Begriff {Constitutiones antiquae). Vgl. Vermeer,
Citeaux - Val-des-Choux, S. 35.

64 Dies ist der Fall etwa für die Abschnitte zur leichteren und schwereren Schuld (A.4-5), die wie
die Kapitel zur Visitation (A.26) und zum Generalkapitel (A.27) direkt aufeinanderfolgen.

65 Siehe Birch, Ordinale, S. 103-107.
 
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