Metadaten

Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Gesetzgebung der Cauliten im 13. Jahrhundert: ausgewählte Zeugnisse ihrer Verfassung : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 10: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.72132#0047

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

Einleitung

ben. Angesichts der faktischen Lage in den Konventen trug die Ordensleitung mit
dieser Absage an die ursprüngliche und spirituell untermauerte Direktive, den
Lebensunterhalt allein mittels kleinerer Garten- und Handarbeiten sowie diver-
ser Mieteinnahmen und anderer Abgaben zu bestreiten, erstmals rechtswirksam
Rechnung.
Der zweite fundamentale Meilenstein betrifft das Ordensrecht selbst: In E.7
wird die Bestätigung der Statuten auf dem darauffolgenden Generalkapitel offizi-
ell verlangt. Zuvor dürften sie ausdrücklich nicht in den Liber Usuum hineinge-
schrieben werden. Ein mehrstufiges Gesetzgebungsverfahren war zu dieser Zeit,
hier im Jahr 1244, in einigen Orden bereits gängige Praxis. Bei den Cauliten könn-
te diese Praxis allerdings bereits vor diesem Jahr erprobt worden sein. Anders sind
die offenkundigen Unklarkheiten bezüglich der Rechtskraft der Statuten im Jahr
1244 kaum zu begründen.
Dies bedeutet zugleich, dass wir zumindest für alle folgenden Statuten eine Vor-
laufzeit von wenigstens einem Jahr annehmen müssen. Dies freilich ist immernoch
vergleichsweise schnell. Die Dominikaner, die 1228 (und nochmals bestätigt 1241)
eine dreifache Lesung eingeführt hatten, benötigten hierfür mindestens drei Jahre.
Während die Dominikaner ihre Generalkapitel aber abwechselnd mit den Obe-
ren (subditi) ihrer Konvente und mit gewählten Konventsvertretern (subditi) be-
schickten und durch diese Vermischung Wege des modernen Parlamentarismus
wiesen, blieb das caulitische ,Parlament' vollständig eine Veranstaltung der Prio-
ren.75
Daneben wurden im Jahr 1244 die Subprioren daran erinnert, ihren Dienst so
zu leisten, wie er (im Liber Ordinarius) vorgesehen ist (E.1). Dies impliziert, dass
auch die Stellvertreter der Prioren bereits weitere Rechte an sich gezogen hatten.
Das Fasten hingegen wurde im Krankenhaus und auf Reisen aufgeweicht (E.3);
Verschwörer sollten nie wieder ein Amt innehaben (E.4); die Pause innerhalb pri-
vater Stundengebete wurde festgelegt (E.5) und das Schweigen bei Tisch, außer
für den Prior, neu eingeschärft (E.6). Zugunsten der Ordensdisziplin begegnet
also einmal mehr eine gewisse Breite des alltäglichen Lebens.

75 Zur dreifachen Lesung der Dominikaner siehe Cygler, Zur Funktionalität der dominikanischen
Verfassung, vor allem S. 420-422 und Dens., Zur institutionellen Symbolizität der dominikani-
schen Verfassung, S. 419-421. Zu diesem Themenfeld vgl. auch Melville, Die Rechtsordnung
der Dominikaner, S. 584-585; Dens., Systemrationalität und der dominikanische Erfolg, S. 166
und Dens., Fiat secretum scrutinium, S. 441-443. Gert Melville verwies hier freilich zu Recht auf
die Ausnahmebestände im Falle der Kapitel zur Wahl des Generalmagisters und der sog. capitula
generalissima, die sich aus subditi und praelati konstituierten.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften