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Burkhardt, Stefan [Hrsg.]
Vita Arnoldi archiepiscopi Moguntinensis: die Lebensbeschreibung des Mainzer Erzbischofs Arnold von Selenhofen; Edition, Übersetzung und Kommentar — Klöster als Innovationslabore, Band 2: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Vita arnoldi archiepiscopi moguntinensis: Die Lebensbeschreibung des Mainzer Erzbischofs Arnold von Selenhofen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31469#0064
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Edition und Übersetzung 63
sen wegen der Ehre des Priesteramtes, schätze ich wenig. Über euch aber bin ich
sehr betrübt, die ihr mir aus dem gleichen Grunde schmeichelt; ihr kennt ja doch
sehr genau meinen Wunsch. Ich ⁶¹ habe als Schwacher und Unwürdiger ein altes,
schon mit Gewalt zertrümmertes und von vielen geplündertes Schiff übernommen.
⁶² Von überall her dringen die Fluten ein; und die von einem beständigen
und wahrhaft schweren Unwetter erschütterten, morschen Bretter zeigen den
Schiffbruch der Mainzer Kirche an. Dieses mein Volk ⁶³ ist halsstarrig und unbeschnitten
⁶⁴ an Herz und Lippen; es kann nicht gezähmt oder auf den Weg eines
gottgefälligen Lebens geführt werden, wenn es nicht gefügig gemacht wird durch
den Stachel ⁶⁵ von Schlägen und Marterinstrumenten. Der Mainzer Bischof muss
gleichsam eine Tyrannis ausüben. Nirgends ⁶⁶ findet man Zuverlässigkeit. Diejenigen
nämlich, die meine ⁶⁷ Brote essen und mir beistehen unter dem Anschein,
mir Dienste zu leisten, dürsten nach meinem Blut; mit Betrug und Hinterlist im
eigenen Hause lauern ⁶⁸ sie mir auf die Fersen. Kein Unheil ⁶⁹ ist nämlich wirkungsvoller
als der Feind im eigenen Hause. Ich habe die Last und die Mühen des
bischöflichen Amtes gezwungenermaßen und gegen meinen Willen übernommen.“
Und er fügte hinzu: „Was aber die Anschuldigungen meiner Widersacher,
die mir das Schandmal der Verleumdung und Gottlosigkeit anheften, betrifft, ich
hätte das Material geliefert, womit mein Vorgänger seligen Angedenkens, Heinrich,
Erzbischof von Mainz, von der Würde seines Bischofsamtes gestürzt wurde,
so weiß Gott ⁷⁰ , der das Verborgene kennt, dass ich mir hinsichtlich dieses verbrecherischen
und gottlosen Vorwurfs in keiner Weise einer Schuld bewusst bin.
Und kein Schuldbewusstsein bedrängt ⁷¹ mein Gewissen in dieser Sache, außer
dass jener gute Mann – als er am entscheidenden Punkt seiner Verhandlung stand,
während die Ankläger die Vorwürfe der Zerstreuung der Kirche und der Übertretung
des Gehorsams heftig gegen ihn vorbrachten, und er nichts hatte, was er
vernünftigerweise vorbringen konnte – darauf baute, dass ich ihm gegen ⁷² die
66 Vergil, Aeneis, lib. IV,373: Nusquam tuta fides; die Formulierung fand Eingang in Isidor v. Sevilla,
Etymologiarum siue Originum libri XX, lib. II, c. 21,15 (ed. W.M. Lindsay [1901], S. 109,
Z. 16).
67 Ps. 40,10 (G): etenim homo pacis meae in quo speravi qui edebat panes meos magnificavit super
me subplantationem.
68 Ps. 55,7 (G): ipsi calcaneum meum observabunt.
69 Boethius, Philosophiae consolatio, lib. III, c. 5,14 (CCSL 94, S. 45, Z. 36–37): Quae uero pestis
efficacior ad nocendum quam familiaris inimicus?
70 Dan. 13,42: Deus aeterne, qui absconditorum es cognitor.
71 Augustinus, In Iohannis epistulam ad Parthos tractatus, Nr. IX,4 (MPL 35, Sp. 2048): non sit
quod stimulet conscientiam meam.
72 Iac. 3,14; 2. Cor. 13,8.
 
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