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Edition und Übersetzung 69
dass kaum noch Spuren davon vorhanden waren. Und das, was er aus dem
Bauch ⁹⁶ der Vergessenheit, ja mehr sogar aus dem Schlund der Tyrannen und
Mächtigen hervorzog, begann er in das Licht zu stellen und als Ausstattung und
Rechtstitel seiner Kirche entschlossen und klug festzuhalten.
12. Als er aber auf der Macht seines Bischofsamtes unnachgiebig beharrte und allzeit
Gott vor Augen hatte und, wohin er auch immer ging, allzeit der Herr mit ihm
war, so dass er durch den Vorrang seiner Gerechtigkeit und Weisheit allen berühmten
Fürsten und Tyrannen des Landes schreckenerregend erschien, und als Frieden
in seinem Gebiet war und weder ⁹⁷ ein Widersacher noch ein böses Hindernis dagegen
angingen, als er sich um den Schmuck ⁹⁸ des Hauses des Herrn, um den Glauben,
um das Mitleid mit den Armen kümmerte, schließlich auch darum, dass er jedem
Einzelnen sein Recht zukommen ließ, damit gemäß dem Apostel alles ⁹⁹ allen
sei, da erschien der Schöpfer ¹⁰⁰ der Nacht, der Satan nämlich, der ¹⁰¹ den Erdenkreis
verführte und der nichts ¹⁰² unversucht ließ und voller Missgunst war gegen dessen
gute Werke und die Ruhe. Daher begann dieser mit Hilfe der mächtigsten Fürsten
dieser Kirche – deren Väter für die Freiheit der Mainzer Kirche ihr eigenes Blut
vergossen hatten – und im Bund mit denen, die vom Anfang seiner Jugend an im
Streben nach der Ermordung dieses guten Mannes erglühten, diesen verehrungswürdigen
Mann mit einem Krieg der Nachbarn und der eigenen Leute zu reizen,
die Güter seiner Kirche anzugreifen und zu plündern, das Heiligtum ¹⁰³ Gottes zu
entweihen, das Kreuz und die Wunden des Herrn nach jüdischer Art anzuspeien
und zu schmähen, schließlich mit gotteslästerlicher Hand alles in Unordnung zu
bringen, zu vermengen, zu beschmutzen, nichts zu verschonen, keinem den Frieden
zu bewahren und der gesamten Diözese unerträgliche Lasten aufzuerlegen. ¹⁰⁴
13. Als er daher ihre böse und nichtswürdige Absicht erkannte und die Plünderungswerke
¹⁰⁵ offenkundiger Kirchenschändung sah, überlegte er bei sich auf
vielfältige Weise, wie er diesem Übel entgegentreten könne. Nachdem vieles, was
dafür notwendig erschien, angewandt worden war, versuchte er zunächst, den
Frieden ¹⁰⁶ durch Bitten zu erlangen. Als er schließlich in täglichem Schmerz
103 Ps. 88,40 (H): profanasti in terra sanctuarium eius.
104 Die Vita bezieht sich hier offensichtlich auf Konflikte Arnolds mit dem Rheinischen Pfalzgrafen
Hermann v. Stahleck (gest. 20.9.1156) und weiteren Lehnsleuten des Erzbischofs. Vgl. hierzu
den Brief Arnolds an Wibald v. Stablo (Das Briefbuch Abt Wibalds v. Stablo [MGH Briefe d.
dt. Kaiserzeit 9], Nr. 439) und Einleitung, S. 38.
105 Das Briefbuch Abt Wibalds v. Stablo, Nr. 439, S. 911, Z. 2–3: sacrilegam exercere rapinam non
formidavit.
106 Luc. 14,32: legationem mittens rogat ea, quae pacis sunt.
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dass kaum noch Spuren davon vorhanden waren. Und das, was er aus dem
Bauch ⁹⁶ der Vergessenheit, ja mehr sogar aus dem Schlund der Tyrannen und
Mächtigen hervorzog, begann er in das Licht zu stellen und als Ausstattung und
Rechtstitel seiner Kirche entschlossen und klug festzuhalten.
12. Als er aber auf der Macht seines Bischofsamtes unnachgiebig beharrte und allzeit
Gott vor Augen hatte und, wohin er auch immer ging, allzeit der Herr mit ihm
war, so dass er durch den Vorrang seiner Gerechtigkeit und Weisheit allen berühmten
Fürsten und Tyrannen des Landes schreckenerregend erschien, und als Frieden
in seinem Gebiet war und weder ⁹⁷ ein Widersacher noch ein böses Hindernis dagegen
angingen, als er sich um den Schmuck ⁹⁸ des Hauses des Herrn, um den Glauben,
um das Mitleid mit den Armen kümmerte, schließlich auch darum, dass er jedem
Einzelnen sein Recht zukommen ließ, damit gemäß dem Apostel alles ⁹⁹ allen
sei, da erschien der Schöpfer ¹⁰⁰ der Nacht, der Satan nämlich, der ¹⁰¹ den Erdenkreis
verführte und der nichts ¹⁰² unversucht ließ und voller Missgunst war gegen dessen
gute Werke und die Ruhe. Daher begann dieser mit Hilfe der mächtigsten Fürsten
dieser Kirche – deren Väter für die Freiheit der Mainzer Kirche ihr eigenes Blut
vergossen hatten – und im Bund mit denen, die vom Anfang seiner Jugend an im
Streben nach der Ermordung dieses guten Mannes erglühten, diesen verehrungswürdigen
Mann mit einem Krieg der Nachbarn und der eigenen Leute zu reizen,
die Güter seiner Kirche anzugreifen und zu plündern, das Heiligtum ¹⁰³ Gottes zu
entweihen, das Kreuz und die Wunden des Herrn nach jüdischer Art anzuspeien
und zu schmähen, schließlich mit gotteslästerlicher Hand alles in Unordnung zu
bringen, zu vermengen, zu beschmutzen, nichts zu verschonen, keinem den Frieden
zu bewahren und der gesamten Diözese unerträgliche Lasten aufzuerlegen. ¹⁰⁴
13. Als er daher ihre böse und nichtswürdige Absicht erkannte und die Plünderungswerke
¹⁰⁵ offenkundiger Kirchenschändung sah, überlegte er bei sich auf
vielfältige Weise, wie er diesem Übel entgegentreten könne. Nachdem vieles, was
dafür notwendig erschien, angewandt worden war, versuchte er zunächst, den
Frieden ¹⁰⁶ durch Bitten zu erlangen. Als er schließlich in täglichem Schmerz
103 Ps. 88,40 (H): profanasti in terra sanctuarium eius.
104 Die Vita bezieht sich hier offensichtlich auf Konflikte Arnolds mit dem Rheinischen Pfalzgrafen
Hermann v. Stahleck (gest. 20.9.1156) und weiteren Lehnsleuten des Erzbischofs. Vgl. hierzu
den Brief Arnolds an Wibald v. Stablo (Das Briefbuch Abt Wibalds v. Stablo [MGH Briefe d.
dt. Kaiserzeit 9], Nr. 439) und Einleitung, S. 38.
105 Das Briefbuch Abt Wibalds v. Stablo, Nr. 439, S. 911, Z. 2–3: sacrilegam exercere rapinam non
formidavit.
106 Luc. 14,32: legationem mittens rogat ea, quae pacis sunt.