Metadaten

Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0083
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4. Die Grafschaft Flandern | 79

Clementia setzte sich darüber hinaus für die »Reform« der flandrischen Klöster ein
und übertrug daher die bedeutende gräfliche Abtei von Saint-Bertin der Abtei von
Cluny, eine Entscheidung, die ihr Gatte nach der Rückkehr aus dem Heiligen Land
weitestgehend unterstützte.314 Robert II. rief außerdem im Jahr 1111, wie bereits
sein Vater 1092, zur Treuga Dei auf und verkündete einen für die ganze Grafschaft
geltenden Marktfrieden.315
Nach seiner Rückkehr vom Kreuzzug intensivierte Robert die Beziehungen
zum englischen König Heinrich I., was im Vertrag von Dover 1103 gipfelte. Darin
verbriefte der Graf von Flandern seine militärische Unterstützung und erhielt im
Gegenzug ein beträchtliches jährliches Geldlehen.316 Diese englandfreundliche Po-
litik, die in erster Linie gegen Robert Curthouse gerichtet war und bereits gegen
Ende der Herrschaft Roberts des Friesen einsetzte, hatte in der Folge aber kei-
nen Bestand.317 Bereits nach der Eroberung der Normandie zeigte sich Robert II.
als loyaler und treuer Vasall des französischen Königs und unterstützte ihn gegen
Heinrich I. 1111 starb Robert schließlich nach einer Schlacht gegen Graf Theobald
von Blois im Dienst des französischen Königs.318
Sein Sohn Balduin VII. folgte ihm in jungen Jahren im Grafenamt nach und
konnte sich gestützt auf die Städte gegen seine Mutter Clementia durchsetzen.319
1119 wurde er auf einem Feldzug in die Normandie schwer verletzt und starb
schließlich kinderlos.320 Sein Vetter Karl, der lange Zeit am gräflichen Hof ver-
bracht hatte und zu den engsten Vertrauten Balduins gehörte, wurde von diesem
zum Nachfolger designiert.321 Diese Entscheidung traf aber auf den Widerstand
Gräfin Clementias, die ihren Neffen Wilhelm von Ypern im Amt des Grafen sehen
van Waasten); zur Herkunft des Bischofs E de Simpel, Jean Ier, eveque de Therouanne; zu Lambert von
Guines sei vor allem auf den Codex Lamberti verwiesen: C. Giordanengo (Hg.), Le registre de Lambert;
L. Morelle, La pratique epistolaire; Ders., Archives episcopales et formulaire.
314 Dazu H. Sproemberg, Alvisus, S. 79, 91; E. Sabbe, La reforme clunisienne.
315 R. Bonnaud-Delamare, La Paix en Flandre; zum 11. Jahrhundert vgl. H. Platelle, La violence et ses
remedes und G. G. Koziol, Monks, Feuds, and the Making of Peace.
316 L. Vercauteren-de Smet, Etüde sur les rapports politiques; F. L. Ganshof, Note sur le premier traite
anglo-normand.
317 Zum veränderten Verhältnis Roberts I. zu England vgl. Ch. Verlinden, Robert le Frison, S. 107-112.
318 Th. de Hemptinne, Artikel »Robert II. von Jerusalem, Graf von Flandern«, Sp. 895.
319 Th. de Hemptinne, Vlaanderen en Henegouwen, S. 376-377; H. Sproemberg, Clementia, S. 209-211;
der Einfluss der Gräfin auf ihren Sohn wird besonders in den Urkunden augenscheinlich, da sie bis
Ende 1112 immer wieder in den Urkunden ihres Sohnes auftaucht (F. Vercauteren, Actes des comtes
de Flandre, D 52, S. 130-133; D 54, S. 134-137; D 55, S. 137-139; D 56, S. 139-140) und mitunter als
Mitausstellerin (D 54, 55, 56) fungiert. Balduins VII. Streit um das Wittum der Mutter findet seinen Nie-
derschlag in einem Brief Bischof Lamberts von Arras (C. Giordanengo (Hg.), Le registre de Lambert,
E 124, S. 496-498.).
320 Zu diesem Feldzug vgl. K. U. Jäschke, Die Anglonormannen, S. 174.
321 M. Ryckaert, Artikel »Karl der Gute, Graf von Flandern«, Sp. 991. Dazu auch Hermann, Liber, c. 26,
S. 62.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften