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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0397
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6. Der Liber de restauratione und die correctio von 1136 | 393

Mit dieser Geschichte mahnt Hermann die Mönche seines Klosters nicht nur
zur Dankbarkeit gegenüber der ersten Generation, sondern erinnert sie auch daran,
dass Geduld, Hingabe für das klösterliche Leben und Gottvertauen alles zum Gu-
ten wenden, aber auch, dass der wirtschaftliche Erfolg eng mit der nach außen hin
sichtbaren Tugendhaftigkeit der Mönche verbunden war.
Etwas deutlicher wird Hermann im Zusammenhang mit der Gründung von
Saint-Amand, des ersten Priorats von Saint-Martin. Nachdem Rudolf in der Nähe
von Noyon eine kleine völlig verarmte Kirche gefunden hatte, habe er diesen Ort
vom Bischof für sein Kloster erbeten. All dies sei aber gegen den Wunsch der Mön-
che geschehen, die murrten, der Ort sei zu weit weg und zu abgelegen. Zudem soll-
ten sie Geld und Nahrung aufbringen, damit einer der Ihrigen dort leben konnte.1578
Als die Murrenden aber schließlich vor Augen hatten, welch großen Nutzen ihre
Investition für das Kloster hatte, waren sie mehr als froh. Dort ließen sich nämlich
jene Kanoniker aus Noyon nieder, von denen bereits an anderer Stelle die Rede
war, und sie verwandelten das verarmte Kirchlein in kürzester Zeit in ein blühen-
des Priorat. Das dortige Leben sei äußerst fromm gewesen und so vorbildlich, dass
sich nicht nur viele Menschen bekehrten, sondern auch reiche Schenkungen getätigt
wurden.1579
An diesem Beispiel zeigt Hermann zunächst, dass Besitz nicht dazu da war, um
ausschließlich für den eigenen Gebrauch angehäuft zu werden. Nur durch die fi-
nanzielle Unterstützung aus Saint-Martin war es möglich, noch mehr Menschen
zu einem gottgefälligen Leben zu führen. Die große Armut der Gemeinschaft war
zudem sichtbares Zeichen für das besonders fromme Leben der Brüder und führte
letztlich zu ihrem übergroßen Erfolg.1580
1578 Hermann, Liber, c. 74, S. 128.
1579 Hermann, Liber, c. 74, S. 129: »[...] ut non solum clericis et militibus, verum etiam totius provincie
monachis se imitabilem preberet, ita ut a multis frequentaretur et quasi divinitus datum consilium eius
audiretur.« ebd., c. 75, S. 129-130: »[...] quanto vero plus erogabat, eo magis substantiolam domus dei
nutu augmentari videbat, ita ut usque in hodiernum diem prefatam Sancti Amandi ecclesiola a vicinis
multum diligatur et frequentatur, iamque non solum de Noviomo, sed etiam de Compendio aliisque
propinquis locis plures tarn viri quam matrone ad conversionem venientes eidem loco multa conferant,
fratresque Tornacenses, qui contra Radulfum prepositum prius murmuraverant quod pecuniam de
Tornaco illuc transmitteret, nunc gaudent et laudant quod voluntati eorum non crediderit.«
1580 Wie sehr die freiwillige Armut als Gütezeichen einer Gemeinschaft betrachtet wurde und der Ge-
meinschaft Schenkungen einbrachte, zeigt Hermann auch am Beispiel von Saint-Martin. Abt Hugo
von Saint-Amand habe angesichts der Konversion der Familie Osmund folgende kurze Rede vor sei-
nen Mönchen gehalten: »Seht, der weltliche Ritter Rudolf zieht die Armut von Saint-Martin unseren
Reichtümern vor und wünscht in dieser armen Kirche, Mönch zu werden. Lasst uns unsere Nächsten-
liebe zeigen und die Hälfte der Mühle an Saint-Martin geben, die uns Rudolf zuvor geschenkt hatte.
Lasst uns mit dieser Mühle Saint-Martin mit zu unserem Schutzherrn machen.« Hermann, Liber, c. 63,
S. 114: »Ecce«, inquit, »fratres dilectissimi, secularis ille miles Radulfus divitiis nostris paupertatem
Sancti Martini pretulit et in paupere ecclesia monachus fieri voluit. Caritatis itaque viscera nos habere
demonstremus et molendini quod nobis dedit medietatem pauperi ecclesie Sancti Martini conferamus,
 
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