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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0061
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3. Textzeugen: Das Motiv der vier Gewissensarten

selbst bei den für authentisch gehaltenen Schriften - der Predigt und der Sentenz
Bernhards von Clairvaux - van Authentica zweiten Grades handelt, bei denen
weitere Personen an der Abfassung beteiligt waren.2 3 Damit stehen sie nicht allein:
Eine bisher nicht einmal im Ansatz erschlossene Fülle an Handschriften (und
später auch Druckausgaben) überliefert Werke Bernhards sekundär: als Excerp-
tiones, Flores, Sententie, Verba oder Dieta} Statt von textlicher Autorschaft sollte
hier besser von einer auf den Inhalt bezogenen Urheberschaft des Clarevallensers
gesprochen werden.
Die Bernhard von Clairvaux zugeschriebene Predigt und die Sentenz sol-
len im Folgenden ebenso wie jene aus dem Umfeld Hugos von St. Viktor stam-
menden Miscellanea, die Pariser Sentenzen und auch der Traktat Über die vier
Arten der Gewissen in Bezug auf Entstehung, Überlieferung und inhaltliche
Eigenheiten kurz vorgestellt werden. De quattuor modis conscientiarum wird da-
rüber hinaus in einem nachfolgenden Kapitel noch ausführlich diskutiert.

3.1 Bernhard von Clairvaux: De quadruplici conscientia
Die Rezeptionsgeschichte der Sermones de diversis verweist beispielhaft auf viele
jener Ungewissheiten, mit denen das Werk des Bernhard von Clairvaux trotz
seiner sonst hervorragenden Aufarbeitung und Präsenz in der Forschung behaf-
tet ist. Ungeachtet des Umstandes, dass es sich um keine inhaltlich-systematische
oder chronologisch zusammenhängende Sammlung handelt, scheint sich das
Konvolut der Sermones de diversis schon bald als eigenständiges Corpus etabliert
zu haben. Entsprechende Sammlungen begegnen bereits früh unter dem Titel De
diversis, ebenso aber auch als Parvi sermones, wobei jedoch Anzahl und Reihen-
folge der zusammengefassten Predigten noch stark variieren.4 Dies wird zum
Beispiel anhand der 1616 bei Johann Keerberg in Antwerpen gedruckten Aus-
2 Hierauf wies schon Jean Leclercq hin: „Car il y a plusieurs degres ou, pour mieux dire, plusi-
eurs formes d’authenticite: divers textes qui, tous, sont de S. Bernard, ne le sont pas de la meme
facon, selon que, dans leur redaction, sont intervenus Bernard seul, ou Bernard et un secretaire,
ou un secretaire seul. 11 a lui-meme revu une ou plusieurs fois, certains textes ecrits sous sa
dictee. 11 en est d’autres dont il a ordonne le plan ou les idees au cours d’une conversation ou
d’une predication, mais dont il a laisse la redaction ä un notaire, dont il n’a pas toujours revise
le travail.“ J. Leclercq, L’authenticite bernardine du Sermon, S. 289. Hierzu auch U. Köpf,
Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte, S. 25.
3 Vgl. J. Leclercq, Saint Bernard et ses Secretaires, S. 21; speziell zu den Flores Bernardi vgl.
unten im Kapitel 6.2 a).
4 Vgl. im Überblick wichtiger Stationen H.-M. Rochais, Enquete, S. 22-7.
 
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