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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0012
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1. EINLEITUNG

„Überall ist Mittelalter“ konstatierte Horst Fuhrmann vor nunmehr 20 Jah-
ren, und die Präsenz der unter dem Signum des ,mittleren Zeitalters* firmieren-
den Epoche in der Gegenwart ist seitdem mehr als einmal betont worden.1 Aus-
stellungen, mit denen dieses Mittelalter - seine Protagonisten, seine Bauwerke,
seine Kunst, seine Institutionen - dem interessierten Publikum in Erinnerung
gerufen oder gänzlich neu vermittelt werden, haben Konjunktur.2 Landauf,
landab können sich sogenannte Mittelaltermärkte über einen regen Besucher-
strom freuen; in den audiovisuellen wie den gedruckten Medien ist diese Zeit
wahlweise als dunkles Kontrastprogramm zur Moderne oder als in mancher
Hinsicht ,gar nicht so anders* präsent.3
In all diesen hier nur erwähnten Beispielen ist der Blick des Beobachters übli-
cherweise auf das ,Mittelalter* gerichtet: die Zeit und das zugehörige Geschehen
sind Gegenstand des Interesses. Dabei muss dieses Interesse gar nicht stets ein
historisches sein. Mit dem Blick auf die Vergangenheit sind nicht selten auch ge-
genwartsdiagnostische Absichten oder schlicht ein Bedürfnis nach Unterhaltung
verbunden. Weitaus weniger häufig ist hingegen zu beobachten, dass das ,Mittel-
alter* herangezogen wird, um mit ihm gleichsam aus dem Heute Stellung zu ge-
genwärtigen Fragen zu nehmen; wenn also ,mittelalterliche* Erklärungs- und
Beschreibungsmuster in der Gegenwart herangezogen werden, nicht weil ihnen

1 H. Fuhrmann, Überall ist Mittelalter. Im Wintersemester 2014/15 veranstaltete das Kolleg
Mittelalter und Frühe Neuzeit der Julius-Maximilians-Universität Würzburg eine gleichnami-
ge Ringvorlesung: www.mfn.uni-wuerzburg.de/ringvorlesung/ueberall_ist_mittelalter/. Die
Beiträge wurden 2015 von Dorothea Klein unter gleichem Titel veröffentlicht.
2 Verwiesen sei nur auf folgende drei überregional beachtete Ausstellungen über Die Päpste und
die Einheit der lateinischen Welt, vom 21. 05. 2017 - 31. 10. 2017 in den Reiss-Engelhorn-Mu-
seen Mannheim (www.paepste2017.de), Benedikt und die Welt der frühen Klöster, vom 13. 5.
2012 - 13. 01. 2013 ebenfalls in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim (www.rem-mann-
heim.de/wir-ueber-uns/benedikt/), sowie die über Kaisertum von der Antike zum Mittelalter
vom 27. 08. bis 09. 12. 2012, im Kulturhistorisches Museum Magdeburg (http://khm.hgb44.
de). Vgl. hierzu im Überblick: H.-U. Thamer, Das Mittelalter in historischen Ausstellungen.
3 Statt einer überbordenden Bibliographie sei hier auf den Band Die Aktualität der Vormoderne,
hg. von Klaus Ridder und Steffen Patzold, hingewiesen, in dem sich zahlreiche Hinweise zu
weiteren Forschungen finden lassen. Zur Präsenz des Mittelalters in der Moderne und die Her-
ausforderungen im Umgang mit ihm vgl. auch das Themenheft Konjunkturen des Mittelalters
der Zeitschrift Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 67.9/10 (1016), hier v.a. der Beitrag
von Bernhard Jussen über den Umgang mit der „intellektuellen Leiche“ des Konzepts „Mittel-
alter“: B. Jussen, Richtig denken.
 
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