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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0082
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4.1 Entstehung und Zuschreibung

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Bibliothekskataloge keine eindeutigen Anhaltspunkte für weitere Textzeugnisse,
da unter diesem Signum beispielsweise auch eine gleichnamige Abhandlung des
Robert de Sorbon (f 1274)17 und auch der Traktat De interiori domo firmierten18.
Entsprechende Identifikationen, wie sie zuweilen vorgenommen wurden, sind
daher eher zweifelhaft.19 20 *
Wenn aber ein Zisterzienser den Text verfasste, dann stellt sich wiederum die
Frage nach dem Bezug des Textes zu der Predigt aus der Sammlung De diversis
und zur BERNHARD-Sentenz. In einer solchen Konstellation scheint es mir plau-
sibel, das bereits für das erste Szenario skizzierte mögliche Geschehen anzuneh-
men und eine zeitliche Priorität des Traktats vor den beiden anderen Texten zu
unterstellen. Andernfalls wäre es erklärungsbedürftig, warum der berühmte und
schon im Ruf der Heiligkeit stehende Bernhard nicht erwähnt wurde. Die bei-
den Hugo von St. Viktor zugeschriebenen Sentenzen lassen sich ebenso wie
jene in den Pariser Handschriften überlieferten in beide Szenarien integrieren,
wenn man sie als Rekurse auf den Traktat versteht; sie als Initialtexte zu deuten,
ist jedoch ebenfalls nicht abwegig.
Soweit der Versuch, zwei mögliche Konstellationen zu entwerfen, innerhalb
derer zum einen die Entstehungsumstände des Traktats De quattuor modis con-
scientiarum beleuchtet werden können, und die zum anderen geeignet scheinen,
die Abhängigkeitsverhältnisse der Texte plausibel darzustellen.
Auch im Falle des zweiten, des zisterziensischen, Szenarios ergeben sich keine
Evidenzen für eine Zuweisung des Textes an Bernhard von Clairvaux. Bern-
hard Pez, der den Text 1724 auf Grundlage von Handschrift 721 der Melker
Stiftsbibliothek edierte, meinte, im Verfasser einen Benediktiner identifiziert zu
haben, dem er darüber hinaus noch ein weiteres Werk zuwies: Pez glaubte, der
Verfasser von De conscientia sei mit dem des Liber de Penitentia et tentationibus
religiosorum22 identisch, den er ebenfalls in der Bibliotheca Ascetica publizierte.
17 Robert de Sorbon, De conscientia.
18 Vgl. beispielsweise die Überlieferung in den von mir eingesehenen Handschriften Dijon, BM,
MS 582, 124v-156v: Liber de conscientia-, Köln, Dombibliothek, MSS 1080, 59r-76v: Liber beati
Bernbardi de Consciencia; 1091, lr—21v: Liber beati Bernardi abbatis de consciencia; Leipzig,
UB, MS 140, 138rb-139ra: Tractatus de conscientia sancti Bernbardi abbatis-, Poitiers, BM, MS
74 (294), lr—28v: Liber de consciencia und Praha, Närodru knihovna Ceske Republiky, MS I G
14 (290), 54r-57r: Tractatus de bona consciencia. Zahlreiche weitere wären anzuführen.
19 So für den Katalog der Kollegiatskirche Saint-Paul in Liege: Hier identifizierte seine Heraus-
geberin den Eintrag zu n° 82 „Liber papirus continens meditationes sacre scripture. In eodem
habetur qui dicitur conscientia beati Bernardi ‘ als unseren Text. A.-C. Fraeijs de Veubeke, Un
catalogue des manuscrits, S. 385. Zum gleichen Urteil kam auch Richard Sharpe für den Eintrag
Bernardus de consciencia im Katalog der Zisterze von Meaux aus dem Jahr 1396: http://mlgb3.
bodleian.ox.ac.uk/authortitle/medieval_catalogues/Z14/.
20 Tractatus de Poenitentia. Vgl. ILWW, n° 4290, wo jedoch auf keine Handschrift, sondern ein-
zig auf die Psz’sche Ausgabe verwiesen wird.
 
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