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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0192
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5. Edition und Übersetzung

191

ausspeit, indem er sie an Christus zerschmettert/ besitzt, durch dieses dreifache
Band gefesselt und zusammengeschnürt, ein gereinigtes und reines Gewissen.
Ruhig aber nenne ich ein solches Gewissen, bei dem der heilige Geist selbst dem
Geist dessen, der ja der Sohn Gottes ist (Rm 8.16), ein Zeugnis ablegt, indem er
allen gegenüber gütig ist und niemanden bedrückt, indem er dem Freund seine
Gnade zuteilwerden lässt, dem Feind seine Geduld, und allen, soviel er es ver-
mag, mit seinen Wohltaten zum Heil gereicht.b Ein seltener Vogel auf Erdenc ist
diese Art des Gewissens, aber je seltener, umso teurer ist es Gott.
II.2 Vom guten und unruhigen Gewissen
Dasjenige Gewissen ist gut, aber unruhig, das nichts Weichliches, nichts Ver-
gängliches hinnimmt, sondern sich, so viel es vermag, von den Besudelungen der
Welt umso bestimmter zurückhält, nicht aber in Süße, sondern in großer Bitter-
keit. Hart scheinen ihm der bessere Weg und das strengere Leben,
aber wie hart auch immer es sein mag,
[der Mensch] selbst entscheidet sich,
diese zu ertragen und fortwährend zu
ertragen.
Überall sieht er, was dem Fleisch missfällt, aber durch den Zügel der Gottes-
furcht hält er sich zurück und in jeder Bedrängung seines Herzens hält er sich an
diesem Anker. Wie der Prophet sagt: Wer ein solches Gewissen besitzt, ist aufge-

a Vgl. hierzu die Auslegung von Ps 136.9 durch Augustinus, der den im Psalm genannten Fels,
an dem die Kinder Babylons zerschmettert werden sollen, als Christus identifiziert. Augusti-
nus, Enarrationes in Psalmos, In Psalmum CXXXVI ,2\, S. 1978.
b Der Satz „Tranquillam autem [...] ad beneficentiam.“ analog zu De interiori domo, cap. IX (16),
Sp. 516 A. Er ist bezogen auf Augustinus, De vera religione, XLVII (91), S. 246f.: „Hic vir
quamdiu est in hac vita, utitur amico ad rependendam gratiam, utitur inimico ad patientiam,
utitur quibus potest ad beneficentiam, utitur omnibus ad benevolentiam.“
c Iuvenal, Satiren VI, Vers 165.

186 dura] dum Soi.
187 sed ... perdurare] fehlt in Ch.
188 Dei] Deum Brü, Rom.
189 in omni] ideo Rom.
190 cordis sui] cordis Met; fehlt in Soi.
191 figitur] figuratur Rom.
192 luxta] Nam iuxta Ch; et iuxta Mel, et interlinear von Hand2 nachgetragen.
 
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