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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0220
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5. Edition und Übersetzung

219

[VI.]

[Sozi] Von den vier Arten
der Reuea
An jenem Tage, wenn wir diesen einen
Mann, Christus nämlich, ergreifen und
erkennen, dass jener mit Vater und hei-
ligem Geist eins ist, dann werden wir
sagen: Unser Brot werden wir verzeh-
ren (Is 4.1). Denn nun, im fremden
Land, beschaffen wir uns fremdes
Brot, in unserem Land der Lebendigen
(Ps 26.13) werden wir unser Brot ver-
zehren. Das fremde Brot ist ein Brot
des Schmerzes. Im Tal des Jammers
nämlich nährt Gott uns mit dem Brot
der Tränen, damit uns dereinst gesagt
wird: Erhebt euch, die ihr das Brot der
Tränen esst (Ps 127.2).
Es handelt sich aber um vier Brote
entsprechend der vier Ursachen des
Weinens, derentwegen gesagt ist: Selig,
die ihr nun weint (Lc 6.21). Zum Wei-
nen sind wir nämlich unserer Sünden
wegen verpflichtet, so wie der Psalmist
weinte, der da sagte: Ich werde jede
Nacht waschen etc. (Ps 6.7). Außerdem
sind wir wegen der Sünden der anderen
zum Weinen verpflichtet, so wie der
Herr den Lazarus beweint, und über
die Stadt Jerusalem sagt er: Wenn du
deine Sünden erkannt hättest, hättest
du ebenso geweint wie ich (Lc 19.42).
Weinen muß man auch wegen des

[Cb:] Die folgenden Auszüge sind aus
dem Buch, das beginnt: ,Das Haus, in
dem wir leben*
VI. 1 Die Bestimmung des guten und
des schlechten Gewissens
Vielen suchen nach Wissen, wenige
Gewissen. Dennoch wird das Gewis-
sen schneller aufgenommen und vor-
teilhafter behalten als das Wissend Und
so wird das Gewissen geradezu das
Wissen des Herzens genannt. So kennt
sich das Herz nämlich durch sein Wis-
sen und durch viele andere Dinge.
Wenn es sich selbst kennt, so wird dies
Gewissen genannt. Wenn es aber außer
sich noch anderes kennt, nennt man
das Wissend Wenn es aber, das zuvor
sich, dann andere Dinge kannte, jetzt
diese gut nutzt, nennt man es ein gutes
Gewissen. Wenn es aber im Gegensatz
diese schlecht nutzt, so nennt man das
ein schlechtes Gewissen. Gut ist ein
Gewissen, das gegenüber allen süß ist
und niemandem gegenüber hart; das
dem Lreund zur Gnade nutzt, dem
Leind zur Geduld, allen aber zum
Wohlwollen und, soweit es dies ver-
mag, zur Wohltat/ Ein Gewissen ist
gut, wenn es die Reinheit im Herzen,
die Wahrheit im Munde und in seinen
Taten die rechte Gesinnung besitzt.f

d De interiori domo, cap. XI (18), Sp. 517 A.
e Ebd., cap. IX (16), Sp. 516 A.
f Ebd., cap. XIV (23), Sp. 520 A.
 
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