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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0240
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6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen

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gen, dass mir einige Blüten aus seinen Worten, aus euren, aus denen des Kantors von
Troyes und aus ähnlichen gesammelt werden.“50
Dass hier nicht allein Flores Bernardi erbeten wurden, sondern Johannes neben
anderen ganz selbstverständlich auch solche seines Briefpartners zu erhalten
wünschte, verweist zugleich auch darauf, dass derartige ,Best-of‘-Sammlungen
sich nicht nur großer Beliebtheit erfreuten, sondern wohl auch verfügbar waren.
Entsprechende Auslesen - seien sie auf einen Autor beschränkt oder seien sie
thematisch orientiert - repräsentieren einen nicht geringen Teil der mittelalter-
lichen Handschriftenüberlieferung.51 Derartige Sammlungen machten Texte ver-
fügbar und trugen wohl in deutlich stärkerem Maße zur Verbreitung der Gedan-
ken eines Autors bei als ,Werkausgaben‘.52 Dies gilt - wie bereits angedeutet - auch
für Bernhard von Clairvaux und das Corpus der ihm zugewiesenen Schriften.53
Die wohl wirkmächtigste unter diesen war zweifellos eine in der Mitte des
13. Jahrhunderts entstandene Sammlung,54 die bis heute unter dem Titel Bernar-
dinum oder Flores (Sancti) Bernardi bekannt ist und traditionell dem Benedikti-
ner Wilhelm von Saint-Martin de Tournai zugeschrieben wurde. Thomas
Falmagne äußerte unlängst Zweifel an dieser Zuschreibung und argumentierte
mit guten Gründen für einen „Domnus W. de Curtracho“, Priester der Kollegi-
atskirche in Courtrai, als Urheber der Flores.55
Welche Faktoren letztendlich dazu beitrugen, dass gerade diese Bernardina-
Sammlung sich etablierte und anderen ein vergleichbarer Erfolg versagt blieb,
muss an dieser Stelle ungeklärt bleiben - zu wenig ist bisher an Erschließungs-
50 „Ex quo fidelem nuntium inveneritis, michi, si placet, epistolas beati B(ernardi) transmittite.
Precor etiam ut flores aliquos verborum eins et vestrorum et cantoris Trecensis, et si qui sunt
similes, colligi faciatis [...].“ Johannes von Salisbury, ep. XXXI, S. 51.
51 Vgl. hier mit zahlreichen weiteren Hinweisen v. a. die Forschungen von Thomas Falmagne:
Un Texte en Contexte und Les Cisterciens et les no uv eile s forme s sowie H.-M. Rochais, Con-
tribution d Thistoire des Florileges, v. a. S. 246-57 sowie A. M. Blair, Too mucb to know, S. 62-
116.
52 Als Beispiel für eine solche Bernhard-,Ausgabe' sei hier auf die aus der Benediktinerabtei von
Anchin stammende Handschrift Douai, BM, MS 372 hingewiesen. Zu dieser vgl. neben den
Forschungen von Jean Leclercq, Recueil d’etudes sur Saint Bernard, s.v. und La plus ancienne
collection, v. a. W. Williams, The Anchin Manuscript.
53 Neben den hier zu diskutierenden Flores Bernardi ist bspw. auf jene des Guillelmus de Monte
Acuto zu verweisen. Vgl. zu dieser Sammlung R. H. Rouse / M. A. Rouse, Preachers, Florilegia
and Sermons, S. 140f. Für eine Übersicht v. a. der zisterziensischen Florilegtradition vgl. Th.
Falmagne, Les Cisterciens et les nouvelles formes, S. 139-72. Vgl. auch M. Bernards, Zur
Überlieferung, S. 157, Anm. 41-3. Zu späteren BernardinaW\or\\e<f\en vgl. U. Köpf, Die Re-
zeptions- und Wirkungsgeschichte, S. 16, Anm. 39 sowie das ZpMrzhm mellifluum unten S. 347f.
54 Zur Datierung vgl. Th. Falmagne, Le Liber Florigerus, S. 153.
55 Zur Diskussion der Urheberschaft ebd., S. 151-3 und 165-78.
 
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