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6. Rezeptionen und Wirkungen
tematischen Ansatz des ersten verschiedenen Prinzip. Beide sind jeweils auf ein
Zitat fokussiert, das ursprünglich dem Traktat Vom inneren Haus entstammt,
nachfolgend aber auch mit De quattuor modis conscientiarum verbunden
wurde,153 so dass an dieser Stelle nicht geklärt werden kann, woher Bernardino
das Bild tatsächlich kannte. In diesem Zitat bestimmt er das Gewissen allego-
risch-exegetisch:
„Ein reines Gewissen ist der Ehrentitel des Glaubens, der Tempel Salomos, ein
Acker des Segens, ein Garten der Köstlichkeiten, ein goldenes Ruhekissen, die
Freude der Engel, die Arche des Bundes, der Schatz des Königs, der Palast Gottes,
die Wohnstatt des heiligen Geistes, ein verschlossenes und versiegeltes Buch, das am
Tag des Gerichts geöffnet wird.“154
Die hier aufgezählten Schmuckelemente {ornamental) dienen Bernardino im
Folgenden jeweils als Ausgangspunkte von insgesamt zwölf exegetischen Be-
stimmungen der conscientia bona oder munda. Im anschließenden Artikel über
die „deformtitates conscientiae“ werden nun eben jene ornamenta in ihr jeweili-
ges Gegenteil verkehrt:
„Ein schlechtes Gewissen ist ein Ehrentitel des Unglaubens und des Zerfalls, ein
Tempel der Verwirrung, ein Acker der Schmähung, ein Garten der Bosheit, ein Ru-
hekissen von Angst und Bitterkeit, die Freude der Dämonen, die Arche des Betrugs,
der Schatz des Königs von Babylon, der Palast des Teufels, die Wohnstatt des Geis-
tes der Unordnung, ein verschlossenes und versiegeltes Buch, das am Tag des Ge-
richts geöffnet wird.“155
Beide Artikel sind unmittelbar aufeinander bezogen und versuchen aus ihrer
je entgegengesetzten Perspektive, das menschliche Gewissen exegetisch zu
erschließen.
An diesem Punkt kommt das Motiv der vier Gewissensarten ins Spiel. Die
fünfte Verkehrung - das Gewissen als „Ruhekissen von Angst und Bitterkeit“
153 Vgl. oben im Kapitel 4.2 b).
154 „Conscientia munda titulus est religionis, templum Salomonis, ager benedictionis, hortus deli-
ciarum, aureum reclinatorium, gaudium angelorum, arca foederis, thesaurus regis, aula Dei,
habitaculum Spiritus sancti, Über clausus et signatus et in die iudicii aperiendus.“ Bernardino
da Siena, Quadragesimale, Sermo LII, art. II, Bd. 4, S. 566. Vgl. De interiori domo, cap. XI
(18), Sp. 517 A-B sowie in De quattuor modis conscientiarum, cap. VI.2, vgl. oben S. 220.
155 „Conscientia prava est titulus irreligionis seu dissolutionis, templum confusionis, ager maledic-
tionis, hortus malitiarum, reclinatorium anxietatum et amaritudinem, gaudium daemoniorum,
arca fraudis, thesaurus regis Babylonis, aula satanae, habitaculum spiritus nequioris, Über clau-
sus et signatus et in die idudicii aperiendus.“ Bernardino da Siena, Quadragesimale, Sermo
LII, art. III, Bd. 4, S. 575.
6. Rezeptionen und Wirkungen
tematischen Ansatz des ersten verschiedenen Prinzip. Beide sind jeweils auf ein
Zitat fokussiert, das ursprünglich dem Traktat Vom inneren Haus entstammt,
nachfolgend aber auch mit De quattuor modis conscientiarum verbunden
wurde,153 so dass an dieser Stelle nicht geklärt werden kann, woher Bernardino
das Bild tatsächlich kannte. In diesem Zitat bestimmt er das Gewissen allego-
risch-exegetisch:
„Ein reines Gewissen ist der Ehrentitel des Glaubens, der Tempel Salomos, ein
Acker des Segens, ein Garten der Köstlichkeiten, ein goldenes Ruhekissen, die
Freude der Engel, die Arche des Bundes, der Schatz des Königs, der Palast Gottes,
die Wohnstatt des heiligen Geistes, ein verschlossenes und versiegeltes Buch, das am
Tag des Gerichts geöffnet wird.“154
Die hier aufgezählten Schmuckelemente {ornamental) dienen Bernardino im
Folgenden jeweils als Ausgangspunkte von insgesamt zwölf exegetischen Be-
stimmungen der conscientia bona oder munda. Im anschließenden Artikel über
die „deformtitates conscientiae“ werden nun eben jene ornamenta in ihr jeweili-
ges Gegenteil verkehrt:
„Ein schlechtes Gewissen ist ein Ehrentitel des Unglaubens und des Zerfalls, ein
Tempel der Verwirrung, ein Acker der Schmähung, ein Garten der Bosheit, ein Ru-
hekissen von Angst und Bitterkeit, die Freude der Dämonen, die Arche des Betrugs,
der Schatz des Königs von Babylon, der Palast des Teufels, die Wohnstatt des Geis-
tes der Unordnung, ein verschlossenes und versiegeltes Buch, das am Tag des Ge-
richts geöffnet wird.“155
Beide Artikel sind unmittelbar aufeinander bezogen und versuchen aus ihrer
je entgegengesetzten Perspektive, das menschliche Gewissen exegetisch zu
erschließen.
An diesem Punkt kommt das Motiv der vier Gewissensarten ins Spiel. Die
fünfte Verkehrung - das Gewissen als „Ruhekissen von Angst und Bitterkeit“
153 Vgl. oben im Kapitel 4.2 b).
154 „Conscientia munda titulus est religionis, templum Salomonis, ager benedictionis, hortus deli-
ciarum, aureum reclinatorium, gaudium angelorum, arca foederis, thesaurus regis, aula Dei,
habitaculum Spiritus sancti, Über clausus et signatus et in die iudicii aperiendus.“ Bernardino
da Siena, Quadragesimale, Sermo LII, art. II, Bd. 4, S. 566. Vgl. De interiori domo, cap. XI
(18), Sp. 517 A-B sowie in De quattuor modis conscientiarum, cap. VI.2, vgl. oben S. 220.
155 „Conscientia prava est titulus irreligionis seu dissolutionis, templum confusionis, ager maledic-
tionis, hortus malitiarum, reclinatorium anxietatum et amaritudinem, gaudium daemoniorum,
arca fraudis, thesaurus regis Babylonis, aula satanae, habitaculum spiritus nequioris, Über clau-
sus et signatus et in die idudicii aperiendus.“ Bernardino da Siena, Quadragesimale, Sermo
LII, art. III, Bd. 4, S. 575.