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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0282
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6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen

281

liehen Qualitäten innerhalb des Abschnitts De quaternario numero noch uner-
wähnt, doch folgt unmittelbar nach den Zwölf er grupp en eine kurze, aber eigen-
ständige Passage über die conscientia quadruplex'.
N Nürnberg; GNM, MS 101221, 158r, Karmeliten Nürnberg, 1505

Quadruplex est conscientia secundum
Bernardum.
Alia bona et tranquilla et est eorum, qui
carnem spiritui subdiderunt, qui cum
his, qui oderunt, pacem sunt pacifici.
Hic est lectus Salomonis, in que requiem
capit anima, et hec perfectorum et pau-
corum.

Alia est conscientia tranquilla et non
bona et est eorum, qui peccant in spe et
dicunt in corde suo: Deus non requiret;
et ista maxime est adolescentium et
mundi amatorum.
Alia est bona et non tranquilla eorum
scilicet, qui iam conversi ad Dominum
recogitant in amaritudine annos suos;
„lavant per singulas noctes lacrimis lec-
tum suum“232 (cf. Ps 6.7), hec est con-
scientia penitentium.
Alia est conscientia nec bona nec tran-
quilla est eorum, qui in multitudine pec-
catorum desperant, dicentes: Maior est
iniquitas mea quam ut vemam merear
(Gn 4.13). Hec est peccatorum obstina-
torum.

Bernhard zufolge ist das Gewissen vier-
fach
Eines ist gut und ruhig, und dies ist bei
denen, die das Fleisch dem Geist unter-
worfen haben und die denen, die den
Frieden hassen, friedfertig begegnen. Ein
solches ist die Ruhestätte Salomos, in
dem die Seele Ruhe findet, und dies ist
das Gewissen der Vollkommenen, wenn
auch nur weniger.
Ein anderes Gewissen ist ruhig und nicht
gut, und dies ist bei denen, die in Vermes-
senheit sündigen und in ihren Herzen
sprechen: Gott fordert keine Rechen-
schaft. Das kommt vor allem bei Jugend-
lichen und Liebhabern der Welt vor.
Ein anderes ist gut und nicht ruhig, es ist
nämlich bei denen, die sich bereits zum
Herrn bekehrt haben und ihre Jahre in
Bitterkeit überdenken. „Sie waschen jede
Nacht ihr Bett mit Tränen“232 (vgl. Ps 6.7).
Und dies ist das Gewissen der Büßer.
Ein anderes Gewissen ist weder gut noch
ruhig, es ist bei denen, die wegen der
Menge ihrer Sünden verzweifeln, die
sich sagen: Meine Sünde ist größer, als
dass ich Nachsicht verdienen würde (Gn
4.13). Dies ist [das Gewissen] der hart-
näckigen Sünder.

232 Vgl. Speculum monachorum, Z. 35, in: M. Breitenstein, , Consulo tibi‘, S. 148.
 
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