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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0354
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6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen

353

Gewissen; so wie es auch ein schlechtes Gewissen gibt, das unruhig und bewegt ist
so auch ein schlechtes Gewissen, das ruhig und abgestumpft ist.“546
Dieser Einteilung könne man, so der Jesuit, weitere Spezifizierungen anschlie-
ßen. Was dann folgt, ist jedoch sämtlich anderen Werken entnommen. Zwar ist
für die zitierte Passage eine deutliche Differenz der Formulierung gegenüber der
von Houdry benannten Vorlage erkennbar; diese Veränderung ist aber sowohl
mit dem mehrfachen Übersetzungsprozess als auch dem Genre des Handbuchs,
das zur Verdichtung des Materials einlud, zu erklären.
Auch wenn es sich bei Houdrys Bibliotheque in erster Linie um eine Material-
sammlung handelt, lässt sich für die eben zitierte Passage durch die Kontextuali-
sierung doch auch eine deutliche Funktionalisierung der conscience erkennen: Sie
wird von Houdry klar als nachfolgendes Gewissen beschrieben und damit im
Sinnzusammenhang des Traktats belassen.547
Franz Xaver Brean: Christliche Warh eiten
Eine umfangreiche Ausdeutung des Motivs der vier Gewissensarten findet sich
innerhalb der Christlichen Warbeit des Franz Xaver Brean (f 1735). Unter die-
sem Titel gab der von Karl VL (f 1740) zum Hofprediger ernannte Jesuit seit
1733 seine vor eben diesem kaiserlichen Hof in Wien gehaltenen Predigten im
Zyklus des Kirchenjahres heraus.548 Die Ausgabe verkaufte sich offensichtlich so
gut, dass sie in den folgenden Jahren mehrfach neu aufgelegt wurde.549
Die zehnte Predigt innerhalb des 1734 erschienenen zweiten Bandes seiner
Sammlung hatte Brean am vierten Sonntag nach dem Dreikönigsfest gehalten;
das Entstehungsjahr bleibt unklar. Sie stand unter dem Motto von Mt 8.24:

546 „On peut distinguer avec Saint Bernard deux sortes de Consciences. 11 y a, dit-il, une bonne
Conscience, et il y en a une mauvaise. La bonne Conscience, ajoüte-t-il, doit etre encore divisee
comme deux especes, aussi bien que la mauvaise: car il y a, poursuit ce Pere, une bonne Consci-
ence troublee, et und bonne Conscience tranquille; comme il y a une mauvaise Conscience in-
quiete et agitee, et une mauvaise Conscience paisible et endurcie.“ V. Houdry, La bibliotheque
des predicateurs, Artikel „ Conscience“, § 5, S. 620 b.
547 „La Conscience juge de toutes les actions qu’on a faites: et c’est de ce dernier jugement que
naissent les remords ou la tranquillite de l’äme: car cette Conscience lui faisant faire reflexion
sur sa conduite, decide si ces actions sont justes ou legitimes.“ Ebd.
548 Vgl. zu ihm H. Platzgummer, „Brean, Franz Xaver“ sowie v. a. B. Duhr, Geschichte der
Jesuiten, Bd. 4.2, S. 459-62. Zu den „ Christlichen Warb eit en“ selbst vgl. A. De Backer / A. De
Backer / Ch. Sommervogel, Bibliotheque des ecrivains de la Compagnie de Jesus, Bd. 1,
„ Brean, Frangois Xavier“, Sp. 856, n° 26.
549 Sie erschienen 1735 wiederum bei Kurtzböck in Wien, 1739 bei Paul Straub in Köln, Frankfurt
und München sowie 1748 bei Paul Lochner und Caspar Mayer in Prag und Würzburg.
 
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