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6. Rezeptionen und Wirkungen
Metaphern und Ansätze dieses Traktats doch eben auf den Aspekt der individu-
ellen Vervollkommnung. Das von Wieser aus dem großen Reservoir des Textes
gewählte Bild ist jenes vom Buch des Gewissens, in dem der Mensch zu lesen
habe, um auf Grundlage dieser Lektüre zu handeln.598 599
Das von Wieser hier diagnostizierte Defizit war wohl nicht zuletzt ausschlag-
gebend dafür, dass die Überlieferung von De quattuor modis conscientiarum ge-
nerell weit hinter der des Traktats Vom inneren Haus zurückstand. Allerdings
war die spezifische Gewichtung des Textes Von den vier Arten der Gewissen kein
Grund für Wieser, diesen nicht dennoch seinem Publikum in umfänglicher
Weise nahe zu bringen. Wenn seine Scientia scientiarum allem Anschein nach
auch keine zweite Auflage erfuhr, so hatte doch bereits die erste mit den Zister-
ziensern ein zwar spezielles, so aber doch hochgelehrtes und zudem für die wei-
tere Distribution ihres Inhalts prädestiniertes Publikum.
Tommaso Maria Cerboni: Theologia Revelata
Nur knapp soll hier auf Tommaso Maria Cerboni (f 1795), Dominikaner und
Professor am Pontificio Collegio Urbano ,De Propaganda Fide^™ und seinen
Rekurs auf das Motiv der vier Gewissensarten eingegangen werden. Für diese
Kürze spricht der ebenfalls nur kurze Bezug Cerbonis ebenso wie auch die of-
fensichtlich schon für Zeitgenossen bescheidene Relevanz seiner Theologia Re-
velata. Weder erfuhr das Werk eine Neuauflage noch sind überhaupt Spuren ei-
ner Rezeption zu finden. Von Interesse ist es hier dennoch, weil gerade die
Beiläufigkeit des Bezugs auf das Schema dessen Präsenz innerhalb der theologi-
schen Diskurse noch des 18. Jahrhunderts unterstreicht.
Das gesamte in zwei Bänden erschienene Werk Cerbonis stellt im Wesent-
lichen den Versuch einer Widerlegung der Deistae dar - jener fundamental-reli-
giösen Strömung der Aufklärung, die an Stelle des sich offenbarenden Gottes den
zur Wahrnehmung befähigten Menschen setzte.600 Dabei standen für Cerboni,
insbesondere in den hier interessierenden Passagen des dritten Teils, der den
Fragen der göttlichen Schauung gewidmet ist (lib. III, qu. IV: „De systematibus
divinze revelatione oppositis“), vor allem die Äußerungen Pierre Bayles im Fo-
kus seiner Kritik.601 Die Diskussion ist weitschweifig und bewegt sich im hier
interessierenden Abschnitt insbesondere vor dem Hintergrund der von Cerboni
598 Ebd., S. 186f. Vgl. zu diesem Motiv meine Studie Das ,Buch des Gewissens".
599 Zu ihm vgl. die spärlichen Angaben bei A. Guglielmotti, Catalogo dei bibliotecari, S. 52
sowie G. Pignatelli, „ Cerboni, Tommaso Maria“.
600 Vgl. im Überblick Chr. Gestrich, „Deismus“.
601 T. M. Cerboni, Theologia revelata, lib. I, Bd. 1, S. 2.
6. Rezeptionen und Wirkungen
Metaphern und Ansätze dieses Traktats doch eben auf den Aspekt der individu-
ellen Vervollkommnung. Das von Wieser aus dem großen Reservoir des Textes
gewählte Bild ist jenes vom Buch des Gewissens, in dem der Mensch zu lesen
habe, um auf Grundlage dieser Lektüre zu handeln.598 599
Das von Wieser hier diagnostizierte Defizit war wohl nicht zuletzt ausschlag-
gebend dafür, dass die Überlieferung von De quattuor modis conscientiarum ge-
nerell weit hinter der des Traktats Vom inneren Haus zurückstand. Allerdings
war die spezifische Gewichtung des Textes Von den vier Arten der Gewissen kein
Grund für Wieser, diesen nicht dennoch seinem Publikum in umfänglicher
Weise nahe zu bringen. Wenn seine Scientia scientiarum allem Anschein nach
auch keine zweite Auflage erfuhr, so hatte doch bereits die erste mit den Zister-
ziensern ein zwar spezielles, so aber doch hochgelehrtes und zudem für die wei-
tere Distribution ihres Inhalts prädestiniertes Publikum.
Tommaso Maria Cerboni: Theologia Revelata
Nur knapp soll hier auf Tommaso Maria Cerboni (f 1795), Dominikaner und
Professor am Pontificio Collegio Urbano ,De Propaganda Fide^™ und seinen
Rekurs auf das Motiv der vier Gewissensarten eingegangen werden. Für diese
Kürze spricht der ebenfalls nur kurze Bezug Cerbonis ebenso wie auch die of-
fensichtlich schon für Zeitgenossen bescheidene Relevanz seiner Theologia Re-
velata. Weder erfuhr das Werk eine Neuauflage noch sind überhaupt Spuren ei-
ner Rezeption zu finden. Von Interesse ist es hier dennoch, weil gerade die
Beiläufigkeit des Bezugs auf das Schema dessen Präsenz innerhalb der theologi-
schen Diskurse noch des 18. Jahrhunderts unterstreicht.
Das gesamte in zwei Bänden erschienene Werk Cerbonis stellt im Wesent-
lichen den Versuch einer Widerlegung der Deistae dar - jener fundamental-reli-
giösen Strömung der Aufklärung, die an Stelle des sich offenbarenden Gottes den
zur Wahrnehmung befähigten Menschen setzte.600 Dabei standen für Cerboni,
insbesondere in den hier interessierenden Passagen des dritten Teils, der den
Fragen der göttlichen Schauung gewidmet ist (lib. III, qu. IV: „De systematibus
divinze revelatione oppositis“), vor allem die Äußerungen Pierre Bayles im Fo-
kus seiner Kritik.601 Die Diskussion ist weitschweifig und bewegt sich im hier
interessierenden Abschnitt insbesondere vor dem Hintergrund der von Cerboni
598 Ebd., S. 186f. Vgl. zu diesem Motiv meine Studie Das ,Buch des Gewissens".
599 Zu ihm vgl. die spärlichen Angaben bei A. Guglielmotti, Catalogo dei bibliotecari, S. 52
sowie G. Pignatelli, „ Cerboni, Tommaso Maria“.
600 Vgl. im Überblick Chr. Gestrich, „Deismus“.
601 T. M. Cerboni, Theologia revelata, lib. I, Bd. 1, S. 2.