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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0366
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6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen

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gestellten Frage, ob diejenigen, die Gott bloß aus Vernunftgründen verehrten,
hierdurch nicht sowohl von der Schauung als auch vom ewigen Heil ausgeschlos-
sen seien.602 In dieser Ansicht ging er dabei durchaus mit breiten Strömungen
seiner Zeit konform, galt doch die Vernunft selbst „nach aufgeklärt-katholischem
Verständnis“ als nachgeordnet, insofern sie stets auch auf „andere, innerweltliche
Ziele konzentriert“ sein konnte.603
Konkreter Ausgangspunkt für Cerbonis Rekurs auf das Motiv der vier Gewis-
sensarten war insbesondere die Frage, ob Gott sich selbst genüge {Deus contentus),
d. h. aus anderer Perspektive: ob er die von ihm geschaffene Welt nach der Schöp-
fung sich selbst überlassen habe. Der Dominikaner trug hierfür insgesamt acht
Argumente zusammen - wobei wiederum Bayle als sein Hauptgegner erschien604 -,
um diese dann ausführlich widerlegen zu können. Das Gewissen, so gibt er die
Ansicht seiner Kontrahenten wieder, sei selbst der Prüfstein der Wahrheit, dem wir
folgen, und den wir lieben müssten; seinen Vorschriften sollte der Mensch folgen.605
Cerbonis Antwort hierauf fiel sehr ausführlich aus: Das Gewissen sei, so der
Dominikaner, in der Tat ein Prüfstein der Wahrheit, aber eben nur, wenn diese
dem göttlichen Gesetz entspräche. Es sei nämlich grundsätzlich unmöglich, die
vollkommene Wahrheit der Religion zu erkennen. Die Geheimnisse der gött-
lichen Weisheit, so Cerboni unter Berufung auf Thomas von Aquin, wurden
dem Menschen nämlich von eben dieser Weisheit selbst offenbart. Überhaupt sei
alles, was seine natürliche Erkenntnis übersteige, dem Menschen in Offenbarung
zuteil geworden.606
Wir hätten, fuhr er fort, keine Einsicht in die Geheimnisse unserer Religion,
und diese würde auch dagegen Widerstand leisten, dass wir sie haben, da die Ge-

602 „Num qui Deum quavis ratione colunt, nullam vero divinam revelationem agnoscunt, nec ad-
mittunt, a:ternam a Deo salutem assequantur.“ Ebd., lib. III, qu. 4, art. 1, Bd. 2, S. 317. Die
Proposition lautet: „Salutem a:terna, consequi non possunt nec ii, qui, licet secundum principia
rectae rationis unum, atque verum Deum coluerint, tarnen divinam revelationem non noverint,
nec admiserint; neque alii quivis, qui in fide Divinitatis errarint.“ Ebd., S. 318.
603 Chr. Handschuh, Die wahre Aufklärung, S. 48.
604 T. M. Cerboni, Theologia revelata, lib. III, qu. 4, art. 1, Bd. 2, S. 338-42.
605 „Constat conscientiam esse lapidem lydium ipsius veritatis, quem nos sequi, et amare debemus.
[...] Id ergo tantum homini pra:cipi debuit, ut sequeretur, quod sibi verum videretur, sive in se
tale esset, sive apparenter.“ Ebd., S. 339f.
606 „[...] respondemus, conscientiam esse quidem lydium lapidem ipsius veritatis, si Divina: legi
conformis ea sit [...] Impossibile autem esse, ut cognoscamus veritatem absolutam ejus Religi-
onis, quam tenemus, hoc est Christiana:, solus Badius [sc. Pierre Bayle] in dubium revocare
audeat. [...] ,Ha:c enim, inquit [Thomas von Aquin, Summa contra gentiles, lib. I, cap. 6]
Divina: sapientia: secreta, ipsa Divina sapientia, qua: omnia plenissime novit, dignata est homi-
nibus revelare, qua: sui pra:sentiam, et doctrina:, et inspirationis veritatem convenientibus argu-
mentis ostendit [...]'.“ Ebd., S. 344f.
 
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