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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0368
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6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen

367

Martin Frangois Thiebault: Doctrine chretienne
Im Jahr 1775 wurden in Augsburg die in sechs Teilen abgefassten Christenlehr-
predigten über alle Gegenstände der Glaubens- und Sittenlehren des Martin
Frangois Thiebault (f 1795) veröffentlicht, in denen dieser auch auf ,Bernhard‘
und das Konzept der vier Gewissensarten zurückgriff. Die französische Origi-
nalausgabe war drei Jahre zuvor in Metz, einem der zentralen Wirkorte ihres
Verfassers, erschienen.613 Weitere Auflagen und Nachdrucke erschienen bis in die
zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts.614
Wer die rasche Übersetzung des durchaus umfangreichen Opus veranlasste,
bleibt unbekannt, doch spricht viel dafür, hier den umtriebigen Augsburger
Drucker und Verleger Matthäus Rieger (f 1775) anzunehmen, der nicht nur die
deutschen Ausgaben von Thiebaults Werken veröffentlichte, sondern der
auch generell ein breites Spektrum katholischer Predigt- und Erbauungslitera-
tur in seinem Programm verantwortete, worunter nicht wenige Übersetzun-
gen aus dem Italienischen und Französischen zu finden waren.615 Rieger hatte
sein Verlagshaus zu einem Zentrum gegenaufklärerischer Buchproduktion
werden lassen.
Martin Frangois Thiebault passte auf das Beste zu diesem Programm: Kirchen-
politisch außerordentlich engagiert, wurde er 1790 schließlich sogar Abgeordneter
der französischen Nationalversammlung und nahm hier an den Verhandlungen
über Stand und Status des Klerus teil, dessen Privilegien und Sonderstellung er
ausweislich der Protokolle vehement verteidigte.616 Als entschiedener Gegner der
Französischen Revolution starb er 1795 schließlich im Exil.617
Seine hier interessierenden Christenlehrpredigten publizierte Thiebault, wie
es im Titel der Deutschen Ausgabe von 1775 heißt, „zum allgemeinen Nutzen
besonders der Prediger und Seelsorger“. Diese intentio auctoris korrespondiert
dabei zugleich mit einem Nachtrag im sechsten und letzten Band dieser Ausgabe,
der mit „Unterricht über eine der Hauptursachen des Fehlens der Beharrlichkeit
in den meisten. Die Versäumung des Pfarrgottesdienstes.“ („Instruction sur une
613 Thiebault wirkte als Priester im alten Metzer Viertel Sainte-Croix, vgl. zu ihm H. Tribout de
Morembert, Un adversaire de la Constitution civile du clerge. Die Ausgabe des Jahres 1772
war mir nicht zugänglich. Im Folgenden wird die des Jahres 1774 zitiert.
614 21783, Metz: Collignon; 21785, Augsburg: Rieger; 1856, Paris: Migne.
615 Vgl. H. Pörnbacher, Matthäus Rieger, S. 625-7 und H. Gier, Buchdruck und Verlagswesen in
Augsburg, S. 500. Zur Bedeutung Augsburgs für die katholische Publizistik des 18. Jhs., vgl. Fr.
M. Eybl, Konfession und Buchwesen.
616 Vgl. H. Tribout de Morembert, Un adversaire de la Constitution ci.vi.le du clerge, v. a. S. 154-
9; P. Christophe, 1789, S. 74f. Zur Einordnung seiner Schriften im zeitgenössischen Kontext
vgl. T. Tackett, Becoming a Revolutinary, S. 61.
617 Vgl. H. Tribout de Morembert, Un adversaire de la Constitution ci.vi.le du clerge, S. 161.
 
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