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Gerhohus; Becker, Julia [Editor]; Insley, Thomas [Transl.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Edition mit Übersetzung Auctoritates und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65332#0040
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Autoritäten - Fol. 12r

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diejenigen, die in den Dienst Gottes treten und ihren Eigenbesitz verlieren,
für sich festgesetzte, fortwährende Quellen des Unterhalts haben. Von
diesen sollen sie leben, der Kirche dienen, der Not der Armen zu Hilfe
kommen und sehr eifrig alle Pflichten ihres Standes erfüllen. Und aus
keinem Grund und aus keiner Not sollen sie sich jemals von diesen 5
Pflichten abwenden und mit weltlichen Geschäften befassen. Es ist also
offenkundig, dass es den Christus dienenden Klerikern verboten ist,
irdischen Besitz zu haben und zugleich die Güter der Kirche anzunehmen;
in der Welt Erbbesitz zu haben und zugleich das Erbgut der Kirchen
anzunehmen. Diesen Grundsatz bestätigt auch folgendes Apostelwort: Kein 10
Streiter Gottes verwickelt sich in weltliche Angelegenheiten, damit er dem
gefalle, der ihn angeworben hat. Und jenes Wort Salomos: Wehe dem
Sünder, der auf zwei Wegen einher schreitet! Wer den Jüngern Christi
nachfolgen will, muss deswegen den weltlichen Angelegenheiten entsagen,
und wer nach seiner Heiligung einmal begonnen hat, vom Geheiligten zu 15
leben, darf dann nur noch vom Geheiligten leben. Aber damit nicht allein
wir diese Ansicht über die Lebensführung und die Regel der rechtgläubigen
Kleriker zu vertreten scheinen, sollen auch andere Zeugen herantreten, die
in derselben Ansicht übereinstimmen, äußerst fromme Männer, sehr voll an
Gewissenhaftigkeit, nämlich Hieronymus31, Augustinus32 und Prosper33. 20
Lasst uns hören, was sie darüber gesagt und erkannt haben. Hieronymus
sagte, als er an Nepotian34 über Lebensführung und Sitten der Kleriker
schrieb, unter anderem: Der Kleriker, welcher der Kirche Christi dient, soll
zuerst seine Benennung verstehen und, nachdem er die Bedeutung des Namens
verstanden hat, soll er danach trachten, zu sein, was er genannt wird. Wenn 25
nämlich das griechische cleros im Lateinischen sors genannt wird, werden sie
deswegen Kleriker genannt, weil sie zum erlösten Erbteil des Herrn gehören und
weil der Herr selbst ihr Los, das heißt ihr Erbteil, ist. Und weil der Kleriker selbst

31> Hieronymus (s. fol. 7i; Anm. 9). | 32> Augustinus (354-430), Bischof von Hippo Regius (seit
396-430), Kirchenlehrer (s. fol. lOv, Anm. 21). | 33> Julianus Pomerius (( um 500), Vita
contemplativa II, Migne PL 59, c. 16, 2, Sp. 460. Das Werk wird im Mittelalter fälschlicherweise
häufig Prosper Tiro von Aquitanien zugeschrieben. | 34> Nepotian, Priester, vgl. Hieronymus,
Epistulae, ed. HlLBERG, CSEL 54, ep. 52, S. 421.
 
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