Metadaten

Gerhohus; Becker, Julia [Editor]; Insley, Thomas [Transl.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Edition mit Übersetzung Auctoritates und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.65332#0098
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
5
10
15
20
25
30

Autoritäten - Fol. 31r

97

[fol. 31r] Papst Alexander117: Eine Kirche, von der offenkundig ist, dass sie
für Geldzahlung geweiht und, wie wahrhaftiger gesagt wird, verwünscht
wurde, darf keinesfalls als Kirche gelten.
5
[fol. 33r] Aus der Vita des heiligen Martin118: Zur Zeit, als er Bischof
wurde, war es für ihn nötig, zum Kaiserhof zu gehen. Damals herrschte der
ältere Valentinian119. Als dieser erfuhr, dass Martin eine Bitte hatte, die er
nicht gewähren wollte, befahl er, ihn von den Toren des Palastes
fernzuhalten. Und zu dessen rauem und hochmütigen Gemüt war nämlich 10
die arianische Gattin hinzugekommen, die ihn gänzlich abgeneigt gegenüber
dem heiligen Mann gemacht hatte, damit er diesem nicht die geschuldete
Ehrerbietung gewährte. Sobald er zweimal versucht hatte, zu dem
hochmütigen Kaiser zu gehen, griff Martin deshalb zu den vertrauten
Hilfsmitteln, wickelte sich in ein Büßergewand, bestreute sich mit Asche, 15
enthielt sich von Speise und Trank und verharrte Tag und Nacht im Gebet.
Am siebten Tag aber kam zu ihm ein Engel und befahl ihm, unbekümmert
zum Palast zu gehen; die kaiserlichen Tore, obgleich verschlossen, würden
sich von selbst öffnen und der hochmütige Geist des Kaisers werde
besänftigt. Also durch solchen Zuspruch des ihm erschienenen Engels 20
bestärkt und in Vertrauen auf Hilfe ging er zum Palast. Die Tore standen
offen, niemand trat ihm entgegen; da niemand es verhinderte, gelangte er
schließlich bis zum Kaiser. Als dieser aus der Ferne den Kommenden sah,
fuhr er ihn an, warum er eingelassen worden sei. Keineswegs hielt er es für
angemessen, sich für den Eintreffenden zu erheben, bis ein Feuer den 25
kaiserlichen Thronsessel bedeckte und der Brand den Kaiser an diesem Teil
des Körpers, auf dem er saß, anhauchte. So wurde der Hochmütige aus
seinem Thron getrieben und erhob sich gegen seinen Willen für Martin; und
er umarmte innig den, den er vorher zu verachten beschlossen hatte, und
geläutert bekannte er, dass er die Macht Gottes gespürt hatte; und ohne auf 30
die Bitten Martins zu warten, gewährte er alles, bevor es erbeten wurde.
117> Alexander II., Papst (1061-1073) (s. fol. llr, Anm. 27). | 118> Martin von Tours, Bischof von
Tours (371-397) (s. fol. 22r, Anm. 82). | 119> Valentinian I, Flavins Valentinianus (* 321, /■ 17.
November 375), römischer Kaiser (364-375). Zu seinem Regierungsstil vgl. SCHMIDT-HOFNER,
Reagieren und Gestalten, S. 18-21.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften