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Historische und historisch-literarische Keilschrifttexte aus Assur

1: Das Epitheton Enlil assurü ist, wie von R. Borger, EAK 1,73 ausgeführt, sonst relativ selten bezeugt. Der möglicherweise
älteste Beleg findet sich in K 6007, nach Borger ein „Loblied auf Assur und TukN. L“, nach B. Foster,Before the Muses^, 299
möglicherweise der Beginn des Tukultl-Ninurta-Epos. Das in unserem Text beschriebene Gefäß war nach Z. 5f. ursprünglich
von Tukultl-Ninurta L gestiftet worden, und es scheint nicht ausgeschlossen, daß dieser eine Inschrift auf ihm hatte anbringen
lassen, die auf den „assyrischen Enlil“ Bezug nahm. Tukultl-Ninurta II. hätte in diesem Fall das entsprechende Epitheton von
seinem großen Ahnherrn und Namensvetter übernommen.

5: Am Zeilenanfang könnte ein Terminus technicus für das dedizierte Gefäß zu ergänzen sein, was bedeuten würde, daß
munaqqü, ein Partizip D von naqü, als Attribut fungiert. Das letztgenannte Wort ist mit munaqqitu zu vergleichen, einem
in der neuassyrischen Notiz SAA 10, 336: 4 überlieferten hapax legomenon, dem, wie von S. Parpola, LASEA 2, 353
ausgeführt, das im biblischen Hebräisch bezeugte m enaqqit („eine Opferschale“) entspricht. Die Deutung der beiden mu-na-
qu-ü vorangehenden Zeichen ist mir unklar. Vielleicht ist [GA]L-a „groß“ zu lesen (ein munaqqü voranstehendes weiteres
Attribut?), doch ist nicht recht ersichtlich, warum hier ein Akkusativ vorliegen sollte.

KAS.MAH, dem akkadisch kasmahhu „erstklassiges Bier“ entspricht, ist außerhalb lexikalischer Listen sonst nur ein einziges
Mal bezeugt, in einer Inschrift des Vaters und Vorgängers Tukultl-Ninurtas II., Adad-närärls II. An der fraglichen Stelle wird
es in derselben Schreibung wie im vorliegenden Text zusammen mit kurunnu-Bier erwähnt (A. K. Grayson, RIMA 2, 99.2,
Z. 74).

Am Schluß der Zeile könnte eventuell auch I ?' sTl]Kl]h- d'[ n?' vNinurta] zu ergänzen sein. Bemerkenswert ist, daß sich die
Schreibung des Königsnamens von derjenigen, die in Z. 8 für den Namen Tukultl-Ninurtas II. Verwendung findet, unterscheidet,
während sie mit den Schreibkonventionen der Zeit Tukultl-Ninurtas I. übereinstimmt. Dieser ließ seinen Namen in seinen
Königsinschriften in der Regel mit der Zeichenfolge ^?' sTukul-ti- dNin-urta wiedergeben (siehe Grayson, RIMA 1,78.1-41).
Man darf annehmen, daß hier die Namensschreibung reproduziert wird, die in der auf dem Opfergefäß angebrachten Inschrift
Tukultl-Ninurtas I. Gebrauch fand.

5-8: Der Passus über die Geschichte des Gefäßes erinnert in seiner Phraseologie an RIMA 2,100.5,136-38.

6: Wenn die Lesung Jus' korrekt ist, läge eine inkorrekte Indikativ- statt der eigentlich erforderlichen Subjunktivform epusu
vor.

7: Für weitere Schreibungen des Namens Assur-uballit mit n-TLLA siehe PNA 1/1, 227; eine andere Lesung als die hier
vorgeschlagene kommt wohl kaum in Frage. Da auf den Namen keine Titulatur folgt und kein Monarch namens Assur-
uballit in der Zeit zwischen den Regentschaften Tukultl-Ninurtas I. und Tukultl-Ninurtas II. über Assyrien herrschte, kann
es sich bei der hier genannten Person wohl nicht um einen König handeln - es sei denn, die Schreiber Tukultl-Ninurtas
II. hätten eine auf dem Gefäß angebrachte Inschrift Assur-uballits I. (1363-1328 v. Chr.) nicht mehr recht verstanden und
chronologisch falsch eingeordnet. Diese Möglichkeit kann nicht ganz ausgeschlossen werden, da Z. 14 des Textes auf dem
Gefäß angebrachte ,Jnschriß(en) meiner (d. h. Tukultl-Ninurtas II.) königlichen Vorväter“ (Plural!) erwähnt, womit der
Eindmck erweckt wird, als sei auch der mutmaßlich von Assur-uballit auf dem Gefäß hinterlassene Text eine Königsinschrift
gewesen. Wahrscheinlicher aber ist, daß es sich bei dem in Z. 7 genannten Assur-uballit um einen Privatmann oder hohen
Kultfunktionär handelte, der das Gefäß einst erneuert und - ein sehr ungewöhnlicher Akt - diese Tat in einer Inschrift
festgehalten hatte, die er neben der Inschrift König Tukultl-Ninurtas I. auf dem Gefäß anbringen ließ. Leider lassen sich
weder Bemf noch Lebenszeit des Mannes näher bestimmen.

Literatur zu der nur selten belegten Gewichtseinheit „KISAL“ (hier mit dem sehr ähnlichen Zeichen DAG geschrieben) findet
sich bei R. Borger, MZL, 330f„ Nr. 435. Bislang war das genaue Gewicht eines KISAL unbekannt. Vor einiger Zeit hatte
ich jedoch Gelegenheit, einen in Privatbesitz befindlichen Gewichtsstein zu studieren, der die hier herrschende Ungewißheit
beseitigen könnte. Auf dem kieselartigen, künstlich gerundeten weißen Stein, der 48 g wiegt, findet sich die Aufschrift „5
KISAL(Zeichen: DAG)“, woraus sich ein Gewicht von 9,6 g für ein KISAL ableiten läßt. Damit wäre das KISAL-Maß
unwesentlich schwerer als der Schekel, der 8 1/3 g entspricht.

9: Möglich ist auch, daß am Zeilenende noch uraddi folgte. Das Wort müßte in diesem Fall auf den Rand geschrieben gewesen
sein.

12: Sofern uraddi bereits in Z. 9 zu ergänzen sein sollte, wäre in der Lücke vermutlich ukin oder ein ähnlicher Ausdmck
anzusetzen.

14: Am Schluß könnte llmur zu ergänzen sein: „[möge er lesen]“.

15: Die ursprüngliche Länge der Zeile ist schwer abzuschätzen; ihr Ende könnte den rechten Rand hinaufgeschrieben gewesen
sein. Am Schluß findet sich offenbar, in Form einer Zusatznotiz, die der eigentlichen Inschrift folgt, ein Hinweis auf das
Gesamtgewicht (ergänze: KI.LA-.vm?) des geweihten Gegenstandes. Das Silbergefäß wog demnach deutlich mehr als 500 g.
Wenn es sich bei der Zahl vor rKISAL n um „14 1/2“ handeln sollte, ergäbe sich im Lichte meiner Anmerkung zu Z. 7 ein
Gewicht von ca. 639, 2 g, sollte dagegen „24 1/2“ zu lesen sein, ein solches von ca. 735, 2 g. Welche der beiden genannten
Lesungen korrekt ist, läßt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Das für Weinlibationen bestimmte Silbergefäß, das in der
im vorliegenden Band unter Nr. 73 veröffentlichten Weihinschrift des Summa-Assur beschrieben wird, wog angeblich genau
eine Mine (ca. 500 g), war also ein wenig leichter als das Gefäß, das der Gegenstand der vorliegenden Inschrift ist.
 
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