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Historische und historisch-literarische Keilschrifttexte aus Assur

Bemerkungen:

VAT 10948 ist massiv beschädigt, so daß nur Vermutungen über den Inhalt der Tafel angestellt werden können. Die Nennung des
Namens „Assur-näsir-apli" in Vs. 3’ und 4’ und der frühneuassyrische Schriftduktus sprechen dafür, den Text in die Zeit Assurnasirpals
II. (883-859 v. Chr.) zu datieren. Bemerkenswert sind die von Vs. 7’ an gebotenen Fluchformeln, die gegen eine in der 2. Ps. Pl.
angeredete, sonst aber nicht näher definierbare Gmppe von Personen gerichtet sind. Wie in den nachstehenden Einzelbemerkungen
ausgeführt, sind Fluchformeln dieser Art im Korpus der neuassyrischen Texte sonst bislang nur in den Loyalitätseiden zu finden, die
assyrische Könige des siebten Jahrhunderts v. Chr. sowohl assyrischen Bürgern wie auch fremdländischen Vasallen aufzuerlegen
pflegten, wenn sie ihre Nachfolgeregelungen absichern wollten. Der besterhaltene entsprechende Text sind die berühmten sog. „Vassal
Treaties of Esarhaddon" (VTE = SAA 2, no. 6). Es ist möglich, daß VAT 10948 das älteste Beispiel solchermaßen beurkundeter
Loyalitätseide darstellt. Ob diese Eide, womöglich im Zuge der von Assurnasirpal II. vorgenommenen Verlegung der königlichen
Residenz von Assur nach Kalhu, speziell den Einwohnern Assurs auferlegt wurden, darüber kann man nur spekulieren.

Vs. 3’ u. 4’: Oder statt „um“ jeweils [AGjRIG?

5’: Eventuell liegt hier eine neuassyrische Subjunktivform vor.

7’-9’: Ich vermute, ohne daß sich wegen der Beschädigungen wirklich Gewißheit erzielen ließe, daß in diesen Zeilen in allgemeiner
Form auf die Gottheiten verwiesen wird, die als Garanten der in der Tafel niedergelegten vertraglichen Abmachungen
fungierten. Zu vergleichen ist VTE, Z. 472f.: iläni rabüti sa same erseti äsibüt kibräti mala in tuppi annie sumsunu zakrü
limhasUkunu etc. „Die großen Götter des Himmels und der (Unter-)Welt, die die Weltsektoren bewohnen, sie alle, die mit
ihren Namen in dieser Tafel genannt werden, mögen euch schlagen ...“ (s. a. VTE, Z. 526). Z. 8’ ist ferner mit VTE, Z. 521
zu vergleichen, einer Fluchformel, die Ea sar apsi erwähnt. Die Ergänzung in der Mitte von Z. 9’ ist problematisch, da wenig
Raum für sie zur Verfügung steht; vielleicht hat der Schreiber ina versehentlich ausgelassen (Haplographie).

Rs. 1: Oder: ina ka-su-s[i „mit der kasUsn-Waffe"?

2: Man vergleiche VTE, Z, 475: arratu marustu aggis llrurükunu „Sie (die Götter) mögen euch voller Zorn mit einem bösen
Fluch belegen.“

3: Für die Ergänzung von qastu vgl. VTE, Z. 453 und 573; andere Ergänzungen wie etwa hattu (vgl. SAA 2, no. 1, Rs. 3) sind
nicht ausgeschlossen. Man beachte die assyrische Verbalform.

5: Vgl. VTE, Z. 477f.: sillu{GIS.MI) u .y^m(UD.DA) liktassidükunu „Schatten und Licht/Hitze mögen euch überall vertreiben.“
M. W. sind die VTE und die vorliegende Tafel die einzigen Texte, die diese Fluchformel bieten.

7: Oder: a-na ar-[kaf Utme(T) .] „für zukünftige [7age]“? Wegen der Erwähnung junger Männer in Rs. 8’ scheint die oben

gebotene Ergänzung jedoch wahrscheinlicher. Eine junge Mädchen und Männer betreffende Fluchformel findet sich in VTE,
Z.481-83.

10: Hier könnte, so wie in VTE, Z. 461, von Gula azugallatu rabitu „Gula, der großen Ärztin“ die Rede sein, doch ist dies
lediglich eine vage Vermutung.

67-68) VAT 10470 und VAT 12007 Langfassung der Loyalitätseide Sanheribs

67) VAT 10470 (Kopie: S. 253) = A

Fundnummer: -; Fundort: -

Bruchstück der unteren Partie einer mehrkohmmigen Tontafel, 66 x 46 mm, Reste zweier Kolumnen einer Seite erhalten.

Frühere Kopie, Bearbeitung: -

68) VAT 12007 (Kopie: S. 253) = B

Fundnummer: -; Fundort: -

Bruchstück der oberen (oder unteren) Partie einer wohl ursprünglich mehrkohmmigen Tontafel, 34 x 36 mm, nur einseitig erhalten.
Frühere Kopie, Bearbeitung: -

Die Fragmente VAT 10470 und VAT 12007 scheinen beide Reste von Loyalitätseiden zu enthalten, die Sanherib, offenbar anläßlich
der Einsetzung seines Sohnes Asarhaddon in das Kronprinzenamt, Mitgliedern der königlichen Familie, Untertanen und Vasallen
auferlegte. Ein weiteres entsprechendes Textbruchstück, VAT 11449, war bereits vorher bekannt, wird nachstehend unter Nr. 69 jedoch
noch einmal ediert. Im Gegensatz zu VAT 11449 dürfte es sich bei VAT 10470 und VAT 12007 nicht um Bmchstücke eines bloßen
Auszugs des Vertragswerks handeln, sondern um Manuskripte einer vollständigen Version des Textes. Ob die beiden Fragmente von
ein und derselben Tafel stammen, bleibt unsicher. Der Schriftduktus und die Tafelbeschaffenheit legen eine Zusammengehörigkeit
nahe, doch da das Zeichen MES, das in VAT 10470 die übliche neuassyrische Form hat, in VAT 12007, Z. 3 als ME-ES erscheint -
vorausgesetzt, die Deutung der Zeile ist korrekt -, kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Stücke zwei verschiedene Manuskripte
repräsentieren.
 
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