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Weiershäuser, Frauke; Hrůša, Ivan; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 8, Teil 1): Ur5-ra: Einleitung, Katalog, Textbearbeitungen, Verzeichnisse — Wiesbaden: Harrassowitz Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.57033#0012
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XI

Außerhalb der Materials for the Sumerian Lexicon erschienen
nur noch wenige Arbeiten zu den lexikalischen Texten aus Assur.
Zu den wichtigsten zählen die von Franz Köcher im Jahr 1955
vorgelegten Listen von Pflanzen und Drogen.12 die Edition des
sog. Practical Vocabulary of Assur von Benno Landsberger und
Oliver R. Gumey13 aus dem Jahr 1958 und die Veröffentlichung
von Antoine Cavigneaux. der 1980 Autographien der in Assur
gefundenen Tafelfragmente der lexikalischen Serie e r i m - h u s
= an an tu bekannt gab.14 Hinzu kommen die Arbeiten von Ger-
trud Färber über das sog. Silbenvokabular A.15 die Editionen
der akkadischen Synonymenlisten (malku = sarru). die Anne
Draffkom Kilmer16 und Ivan Hrüsa17 erarbeiteten, sowie die
von Wayne Horowitz präsentierten Neubearbeitungen der 21.
und 22. Tafel der lexikalischen Serie u r 5 - r a = hubullu.18
Dank der in den MSL-Bänden vorgelegten Editionen gelang
es. Charakteristika und Intentionen der einzelnen Werke der le-
xikalischen Überlieferungen des Alten Orients immer deutlicher
zu erfassen. 1983 stellte Antoine Cavigneaux in einem Beitrag
für das Reallexikon der Assyriologie die bis dahin gewonnenen
Erkenntnisse zusammen.19
In der Folge richtete sich das Interesse mehr und mehr auf
die komplizierte Geschichte von Entstehung und Entwicklung
der verschiedenen Gattungen lexikalischer Keilschrifttexte und
deren kulturgeschichtliche Bedeutung. Entsprechende Untersu-
chungen nahmen nunmehr lokale Traditionen und die einzelnen
Manuskripte mit ihren ganz spezifischen Eigenheiten genau in
den Blick.20

12 F. Köcher. Keilschrifttexte zur assyrisch-babylonischen Drogen-
und Pflanzenkunde. Berlin 1955 mit Textzeugen der umfangreichen
drogenkundlichen Liste “uru-an-na = mastakal sowie mit
weiteren Pflanzenlisten, namentlich aus dem ur5-ra = hubullu
genannten lexikalischen Werk. In AfO 18 (1958). 86-88 legte
F. Köcher ferner einen aus Assur stammenden Textvertreter der
lexikalischen Serie igi-du8-a = tämartu vor.
13 B. Landsberger. O. R. Gumey, „Practical vocabulary of Assur",
AfO 18 (1958). 328-341.
14 A. Cavigneaux, „Die Fragmente der sumerisch-akkadischen
Wortliste ,Erimhus‘ im Vorderasiatischen Museum zu Berlin",
Forschungen und Berichte 20/21 (1980), 259-270.
15 G. Färber, „Kleiner Leitfaden zum Silbenvokabular A", in:
B. Böck, E. Cancik-Kirschbaum, Th. Richter (Hrsg.), Munuscula
Mesopotamica. Festschrift für Johannes Renger, AOAT 267,
Münster 1999. 117-133.
16 A. D. Kilmer, „The first tablet of malku = sarru together with its
explicit Version", JAOS 83 (1963), 421-446.
17 I. Hrüsa, Die akkadische Synonymenliste malku = sarru. Eine
Textedition mit Übersetzung und Kommentar, AOAT 50, Münster
2010.
18 W. Horowitz, „An Assur source for Urra 21": KAV 80 + 90 + 137
(+) 89. AfO 35 (1988). 64-72 sowie Y. Bloch W. Horowitz. „Ura =
hubullu XXII. The Standard recension", JCS 67 (2015), 71-125.
19 A. Cavigneaux, „Lexikalische Listen", in: D. O. Edzard (Hrsg.),
Reallexikon der Assy riologie und Vorderasiatischen Archäologie,
Band 6, Berlin/New York, 1980-1983, 609-641. Siehe auch ders.,
Die sumerisch-akkadischen Zeichenlisten: Überlieferungsprobleme,
München 1976 (Dissertationsschrift).
20 Die wichtigen Ergebnisse dieses Forschungsinteresses stellte Niek
Veldhuis jüngst in einer umfangreichen Monographie zusammen:
N. Veldhuis, History of the cuneiform lexical tradition, Münster
2014. Zu den lexikalischen Texten aus Assur siehe ebd., 322-353
(mittelassyrische Zeit) und 367-372 (neuassyrische Zeit). Viele
Umschriften einzelner Textzeugen, die aus zahlreichen Fundorten
und allen Epochen der Überlieferung stammen, sind im Rahmen

In den MSL-Bänden hatte man auf die Vorlage von Keil-
schriftkopien und Photographien der bis dahin unveröffentlich-
ten Textzeugen verzichtet und Komposittexte vorgelegt, die die
individuellen Züge einzelner Manuskripte nicht mehr erkennen
ließen. Daher erschien es nun lohnenswert, sich den lexikali-
schen Keilschrifttexten aus Assur erneut zuzuwenden.
Im Rahmen eines Forschungsvorhabens, das Brigitte Grone-
berg gemeinsam mit dem Informatiker Bernhard Neumair in den
Jahren 2004 bis 2007 an der Universität Göttingen durchführte,
wurden 208 der in den MSL-Bänden berücksichtigten lexikali-
schen Texte aus Assur erfaßt und in einer digitalen Datenbank
zugänglich gemacht. In der Digitalen Keilschriftbibliothek lexi-
kalischer Listen aus Assur (DKB-LLA). die als Pilotprojekt im
Rahmen der Initiative Wissenschaftliche Literaturversorgungs-
und Informationssysteme (LIS) entstand, sind Transliterationen.
Photographien und zuvor publizierte oder neu angefertigte Auto-
graphien online abrufbar (http://keil.uni-goettingen.de).21
Die bahnbrechenden Erkenntnisse, die Olof Pedersen22 über
die Tafelbestände der Archive und Tontafelbibliotheken von As-
sur gewonnen hatte, ermöglichten nun auch, genaue Aussagen
über die Herkunft einzelner Manuskripte lexikalischer Texte aus
Assur zu machen und zu untersuchen, in welchem Textensemble
sie aufbewahrt worden waren.
Für eine Weile schien es. als sei damit das Korpus der in
Berlin aufbewahrten lexikalischen Texte aus Assur mehr oder
minder vollständig zugänglich.
Dieser Eindruck erwies sich freilich bald als Täuschung.
Die systematische Durchsicht aller in Assur gefundenen Berli-
ner Keilschrifttexte lieferte nämlich ein gänzlich unerwartetes
Ergebnis. Unter den vielen bis dahin unveröffentlichten und un-
gelesenen Tafelfragmenten fanden sich etwa 170 größere und
kleinere Bruchstücke lexikalischer Texte aus mittel- und neuas-
syrischer Zeit, deren Existenz bis dahin unbekannt geblieben
war. Insgesamt umfaßten sie annähernd 4.000 Textzeilen. Wäh-
rend manche der rasch abgeschriebenen Tafelscherben gleich auf
den ersten Blick dem einen oder anderen altorientalischen lexi-
kalischen Werk zugewiesen oder gar an weitere Fragmente .ge-
joint‘23 werden konnten, waren andere so stark beschädigt, daß
erst ein längeres Studium weiterführen würde. Dennoch bestand
kein Zweifel daran, daß unter den neuen Textzeugen die gesamte
Bandbreite der lexikalischen Überlieferungen des zweiten und
ersten vorchristlichen Jahrtausends vertreten war.
Es lag nahe. Frauke Weiershäuser zu bitten, die Edition die-
ses wichtigen Inschriftenmaterials in Angriff zu nehmen. Denn
als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem mittlerweile abge-
schlossenen Göttinger Datenbankprojekt unter der Leitung von
Brigitte Groneberg war sie mit den lexikalischen Keilschrifttex-

des Digital Corpus of Cuneiform Lexical Texts (DCCLT) online
abrufbar (http://oracc.museum.upemi.edu/dcclt/).
21 Die in der Datenbank abrufbaren Umschriften stammen von
F. Weiershäuser. Die meisten der insgesamt 93 neuangefertigten
Keilschriftkopien erstellte G. Krause, einige weitere stammen
von K. Zand. Zu Einzelheiten siehe F. Weiershäuser, „Die Online-
Datenbank der lexikalischen Texte aus Assur", MDOG 141 (2009),
117-141.
22 O. Pedersen, Archives and libraries in the city of Assur. A survey
of the material fromthe German excavations, Part I, Uppsala 1985,
Part II, Uppsala 1986.
23 So VAT 21055 ± VAT 21104 (Text Nr. 4) und VAT 10284 +
VAT 11602 ± VAT 11806 (Text Nr. 84).
 
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