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Einleitung

Lexikalische Texte aus Assur

Unter den mehr als 45001 Tontafeln und Tontafelfragmenten
literarischen Inhalts, die bei den Ausgrabungen der Deutschen
Orient-Gesellschaft in Assur in den Jahren 1903-1914 ans Licht
kamen, linden sich einige Hundert keilschriftliche Manuskripte,
die sogenannte lexikalische Texte enthalten. Es handelt sich dabei
um Listen von Keilschriftzeichen oder um Zusammenstellungen
von sumerischen oder akkadischen Ausdrücken, in denen die
jeweiligen Einträge unter verschiedenen Gesichtspunkten
systematisiert und mit Erklärungen zu ihrer Aussprache und
Bedeutung versehen wurden. Die lexikalischen Texte dienten
einerseits unmittelbar praktischen Zwecken: zum Studium von
Schrift und Sprachen bei der Ausbildung junger Schreiber und
als Handbücher für die Gelehrten. Zum anderen waren sie eine
gelehrte Systematisierung des altorientalischen Wissens um die
Sprache(n) und um die Welt.
Die in Assur ausgegrabenen Handschriften der sog.
lexikalischen Listen stammen, von wenigen Ausnahmen
abgesehen, aus der mittel- und neuassyrischen Zeit (12.-7. Jh.
v. Chr.). Meistens handelt es sich um mehr oder weniger gut
erhaltene Manuskripte einzelner Tafeln der lexikalischen Serien;
eine kleinere Anzahl bilden Schülerübungen oder Auszüge, in
denen Abschnitte aus verschiedenen Tafeln einer Serie oder aus
verschiedenen Texten niedergeschrieben wurden.2 Die große
Mehrheit der in Assur gefundenen lexikalischen Texte ist. wie
nicht anders zu erwarten, in mittel- und neuassyrischer Schrift
abgefaßt. Daneben linden sich auch einige Manuskripte, die
einen babylonischen Schriftduktus aufweisen.3
Nur wenige Textzeugen sind mit der Angabe eines
Datums versehen. Daher muß die Entstehungszeit der weitaus
meisten Manuskripte aus Assur aufgrund paläographischer
Beobachtungen bestimmt werden. Einige mittelassyrische
Tontafeln mit lexikalischen Texten wurden von den Söhnen
des königlichen Schreibers Ninurta-uballissu geschrieben.
Eponymenangaben zeigen, daß sie in der Regierungszeit des
Assur-dän I. (1168-1133 v. Chr.) oder in den unmittelbar

1 S. Maul. Vorwort zuN. Heeßel. Divinatorische Texte I. Terrestrische,
teratologische. physiognomische und oneiromantische Omina. KAL
1. Wiesbaden 2007. S. IX.
2 Im vorliegenden Band handelt es sich um die Manuskripte
VAT 21055+ (Text 4. nA); VAT 10602 (Text 11. nA); VAT 20831
(Text 22. nA). VAT 20830 (Text 23. nA); VAT 13930 (Text 24. nA);
VAT 21057 (Text 33. mittel- oder frühneuassyrisch); VAT 21043
(Text 58. mA); VAT 14191 (Text 96. nA); VAT 8573 (Text 106. nA).
3 Im vorliegenden Band: VAT 10242 (Text 3). VAT 10074 (Text 17).
VAT 12968 (Text 20). VAT 9996+ (Text 63). VAT 10824 (Text 64).
VAT 10559 (Text 65).VAT 11517 (Text 69).

vorangehenden Jahrzehnten entstanden.4 Nur ein weiteres in
diesem Band vorgelegtes Manuskript (VAT 10457. Text 45) kann
dank der Nennung des Eponymen auf das Jahr genau datiert
werden (909 v. Chr.).
Das aus Assur stammende Korpus erfaßt, wenn auch nm
bruchstückhaft, die ganze Breite der nachaltbabylonischen
lexikalischen Überlieferung. Vertreten sind sowohl Zeichenlisten
als auch Wortlisten. Handbücher wie üuru-an-na oder ana
ittlsu. akkadische Synonymenlisten sowie grammatikalische
Texte und paläographische Listen:5

ur5-ra = hubullu
malku = samt
mur-gud = imrü = ballu
an = samü
Lü-Listen
E-Tafel
Uuru-an-na = mastakal
Emesal-Vokabular
Liste von Krankheiten
grammatikalische Texte
Praktisches Vokabular
Silbenvokabular A
ki-ulutin-bi-se = ana ittTsu
Silbenalphabet A
izi = isätu
Syllabar A
KÄ.GAL = abullu
Vokabulare Sa und Sb
erim-hus = anantu
e-a = A = näqu
ülutin = nabnitu
ä = A = näqu
nicht identifizierte
diri = atru
Gruppenvokabulare
ä = idu
igi-du8-a = tämartu
paläographische
Zeichenlisten

In dem vorliegenden Band und in den beiden noch folgenden
Bänden werden alle nach Berlin gelangten, in Assur gefundenen
Textzeugen dieser lexikalischen Listen vorgelegt. Von einer
Neuedition der einschlägigen Manuskripte der Synonymenliste
malku = samt wird jedoch abgesehen, da I. Hrüsa in AOAT 50
jüngst eine moderne Edition dieses Werkes vorlegte. Auch die
vonF. Köcher bereits edierten, in Assur gefundenen Manuskripte
des Uuru-an-na genannten pharmakologischen Handbuchs
werden in den ..Keilschrifttexten aus Assur literarischen Inhalts”
nicht erneut vorgestellt.

4 Im vorliegenden Band VAT 8876 (Text 34). Eine Untersuchung zur
Datierung der Manuskripte lexikalischer und literarischer Texte,
die die Söhne von Ninurta-uballissu geschrieben haben, bietet
K. Wagensoimer. „Scribal Family". 645-661. Zu den Eponymen,
die in den Kolophonen dieser Texte genannt sind, siehe H. Frey dank.
AOAT429. 133 (EponyniAssur-aha-iddina). 189 (EponymIkkäru)
und 45-47 (Eponym Assur-ismaimi).
5 Die lexikalischen Listen sind liier in zwei Kolumnen in eben der
Reihenfolge aufgelistet, in welcher sie liier und in den folgenden
beiden Bänden veröffentlicht werden.
 
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