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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Hrsg.]; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0212
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Eifersuchtswahn

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an seinen Sohn geschrieben, worin er ihn um verschiedene Sachen bat. Trotzdem er diese zum
größten Teil zu Weihnachten bekam, behauptete er dennoch, der Brief wäre von der Anstalt
unterschlagen worden, diese habe selbst an den Sohn um die betreffenden Sachen geschrieben.
Trotzdem seine Briefe sämtlich expediert wurden, hält er an seiner Ansicht fest und gerät
manchmal darüber in Erregung. Einmal zeigt er einen Brief seiner Tochter vor und behauptet,
die Handschrift sei verstellt, der Brief gefälscht und hier geschrieben, trotzdem beim Datum das
Wort Elberfeld gedruckt ist. So etwas würde schon gemacht, da sei der Zufall zu Hilfe gekom-
men. Dem Landeshauptmann überreicht er eine Anzahl Briefe zur Beförderung, zweifelt aber
auch hier sofort daran, daß dies geschehe, gerät in Erregung und schilt, durch die Untreue und
Hurerei seiner Frau wäre er hierher gekommen. So würde das Recht mit Füßen getreten und das
Unrecht belohnt. Seine Frau könne jetzt ungestört weiter huren. Schließt: »und da soll im Volke
die Religion erhalten werden!« 1904 ist er gegen einen neuen Arzt auffallend freundlich und
höflich, vermag aber gelegentlich bissige Ausfälle gegen die Ärzte nicht zu unterdrücken. Er wird
untätig, manchmal krakelt er, trotz äußerlicher Höflichkeit hetzt er im geheimen Kranke auf
und konspiriert. Immer ist er unzufrieden, uneinsichtig, droht mit dem Gericht, rühmt seine
geistige Gesundheit. Den Direktor schilt er pflichtvergessen, da dieser der Frau mehr glaube als
seiner Wahrhaftigkeit. Daß die Briefe nicht abgeschickt würden, bleibt seine ständige Klage. -
28. September 1904 plötzlich Apoplexie. Exitus nach 2 Tagen1.
Bemerkenswert ist an dem Falle, daß nach zweijährigen Prodromalerscheinungen
neben dem Eifersuchtswahn hypochondrische Beschwerden (Alter?) | einhergehen, 138
daß auch an anderen Ideen unkorrigierbar festgehalten wird, und daß gelegentlich das
Verhalten ein typisch querulatorisches ist.
Bezeichnet man diese Fälle als präsenil oder senil, so bedeutet das nichts, wenn nur
damit die Altersstufe genannt werden soll. Will man sie aber dadurch in Beziehung
setzen zu einem senilen Hirnprozeß oder gar zur Arteriosklerose, so schwebt diese
Annahme mangels anderer Symptome völlig in der Luft. Aber selbst wenn sie zu sol-
chen Hirnvorgängen in Beziehung ständen, würden sie psychologisch eine besondere
Eigenart und einen inneren Zusammenhang zeigen, der ihre hier vertretene Auffas-
sung immer noch »symptomatologisch« als gerechtfertigt erscheinen ließe.
Schienen uns die beiden letzten Fälle die sicheren Eigenschaften eines »Prozesses«
zu besitzen, der durch die Altersstufe gewisse Eigenarten bekommt, so sehen wir uns
zum Schluß gegenüber dem zweiten Fall Bries zunächst in schwieriger Lage. Dieser
Kranke, ein Mann in den 30er Jahren, hat wohl überwiegend die Merkmale des Prozes-
ses der Fälle Klug und Mohr, aber doch verhält er sich in einigen Punkten anders:
Fall Brie II (l.c., S. 273): 35jähriger Konditor, evang. Keine Heredität. In günstigem Milieu auf-
gewachsen. Lebt in guten Verhältnissen. Arbeitsam und nüchtern. Tüchtig im Geschäft. - Über
seinen Charakter gibt der jahrelang behandelnde Hausarzt an: »Sehr erregter und heftiger
Mann.« »Er ist an sich eine fromm angelegte Natur, der gerne Bibelsprüche anwendet und auch

Diese vervollständigte Krankengeschichte des Brieschen Falles zeigt, daß sich Bries Meinung, es
würden bei diesen Fällen überhaupt keine Wahnvorstellungen, außer in der Richtung der Eifer-
sucht, gebildet, nicht halten läßt.
 
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