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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Hrsg.]; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0214
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Eifersuchtswahn

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Frau ihr Treiben fort, wofür er Zeichen bei Besuchen zu gewinnen meinte. Die Einleitung der
Entmündigung veranlaßte ihn zu vielen Schriftstücken mit widersprechenden Angaben. Er
wurde immer unbestimmter in seinen Behauptungen, sprach von Möglichkeiten, dissimulierte
völlig, schrieb wieder an seine »liebe Frau«, um plötzlich wieder alles wie früher anzugeben.
Unter der Internierung litt er sehr. An seinen Bruder schrieb er, er komme sich vor wie ein Tier
im Käfig. Schmutzige und gemeine Redensarten, sittenlose und verwahrloste Gebärden müsse
er hören und sehen. Sein Geist habe in der Anstalt sehr gelitten. Als Mensch fühle er sich über-
haupt nicht mehr. Von Glauben und Vertrauen seitens der Ärzte merke er nichts. Von Anfang
an habe man ihm Spott und Hohn entgegengebracht. Als seine Frau ihn abholen wollte, wei-
gerte er sich mitzugehen. Er wolle nicht zu ihr, sondern sich eine Stellung suchen.
Oktober 1900 wurde er in eine andere Anstalt überführt. Hier tat er harmlos und verwundert,
daß er nun hier sei, hatte leicht etwas Höhnisches und Selbstironisierendes. Er behauptete in
die Anstalt gekommen zu sein, weil er in der Erregung über die Unordnung seiner Frau einige
Bilder zertrümmert habe. Bei einer längeren Unterredung gab er zu, noch an der Untreue seiner
Frau festzuhalten, fügte dann aber hinzu, er könne sich irren und schrieb gleich nachher einen
Brief, er sei wirklich der Ansicht, sich vielleicht zu irren, er habe sich die Möglichkeit überlegt.
Gegen seine Frau war er bei Besuchen sehr freundlich, schrieb an sie immer »liebe Franziska«.
Mehrmals war er sehr erregt und zornig über die Internierung, besonders zu Weihnachten. Er
blieb dabei, daß er immer nur von »Verdacht« geredet habe, was er wiederholt in Schreiben an
die Gerichte betonte, erklärte, daß er jetzt keinen Verdacht mehr habe, hatte aber keine Krank-
heitseinsicht. April 1901 wurde er gebessert entlassen. Einige Monate später schrieb er an den
Direktor eine Ansichtspostkarte mit harmlosem Gruß, wegen der er sich am nächsten Tage ent-
schuldigte; er würde sie nicht geschrieben haben, wenn er nicht in angeheitertem Zustande
gewesen wäre.
Da die Entmündigung aufgeschoben war, da man sich weder entschließen konnte, sie aus-
zusprechen, noch sie abzulehnen, wurden Ende Februar 1901 erneut Vernehmungen vorgenom-
men (Frau, Bruder), die ergaben, daß er mit seiner Frau im selben Hause wohne, daß er viel ruhi-
ger geworden sei, von seinen Ideen nie mehr spreche, seiner Frau keine Untreue vorwerfe, und
selten etwas in scharfem Tone zu ihr sage. 1903 geben die Brüder an, der Pat. sei nach ihrer
Ansicht wieder wie früher in gesunden Tagen, er sei allerdings sehr verschlossen und still, aber
ruhig und spreche nicht mehr von seinen Eifersuchtsideen. Er selbst behauptet, es sei ihm nicht
mehr erinnerlich, daß er seiner Frau eheliche Untreue vorgeworfen habe, insbesondere wisse er
nichts von Vorwürfen über einen verbotenen Umgang mit dem Pastor: »Ich habe die Überzeu-
gung, daß meine Frau mir treu ist und auch damals mir treu gewesen ist.« Der vernehmende
Richter bemerkt, daß K. keinen auffallenden Eindruck mache, nur seien die Antworten, die sonst
schnell und bestimmt lauteten, bezüglich der ehelichen Treue seiner Frau erst nach einigem
Zögern erfolgt. Derselbe Hausarzt wie früher erstattet noch ein Gutachten (1903), aus dem einige
sehr bemerkenswerte Stellen anzuführen sind. Die Frau habe ihm gesagt, daß ihr Mann ver-
schlossen sei, manchmal bei kleinen Anlässen aufbrause und schelte, ohne in der früheren
Weise ihre Frauenehre zu beleidigen. Aber er habe auch keine Liebesbezeugungen für sie.
Geschlechtlichen Verkehr habe er mit ihr in dem Zeitraum von zwei Jahren, seitdem er wieder
zu Hause sei, nicht gepflogen. Er habe sein Schlafzimmer für | sich. Seine Kinder behandele er 140
gut, im Geschäft sei er tüchtig. K. selbst lobt sein Befinden, er leide nicht mehr an Magenbe-
schwerden wie früher, sei frei von Kopfschmerz und schlafe gut. Über sein Verhältnis zu seiner
Frau spricht er wenig. Auf die Frage, warum er mit seiner Frau geschlechtlichen Verkehr nicht
 
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