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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Hrsg.]; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0224
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Die Methoden der Intelligenzprüfung und der Begriff der Demenz 181
gen ergab sich als ein wesentlicher Unterschied gegen die frühere Untersuchung eine
Abnahme der Gesamtuntersuchungszeit (Durchschnitt 53 Minuten) um eine Viertel-
stunde. Dies beruhte darauf, daß die Leute schneller antworteten, insbesondere
schneller »ich weiß nicht« sagten, wenn ihnen die Antwort nicht möglich war.
Rodenwaldt mißt diesem Erfolg des militärischen Drills eine große Bedeutung für
die Intelligenz bei. Es seien hier »Formen des Denkens«, »Werkzeuge des Geistes«
erworben, die mehr bedeuten, als das Material der Kenntnisse. Ich möchte demgegen-
über doch glauben, daß diese formalen Eigenschaften, immer gespannt zu sein auf
Frage und Wunsch des Vorgesetzten, bei einem Entweder-oder schnell zu entscheiden,
exakt in der Erledigung von Aufgaben zu sein, zwar wertvoll für die praktische Verwen-
dung eines Menschen sind, mit seiner Intelligenz aber wenig zu tun haben, wenn man
unter Intelligenz Urteilsfähigkeit, Spontaneität, Originalität versteht. Dieser Über-
schätzung des Drills und der äußeren Exaktheit und Gewandtheit zu Ungunsten
eigentlicher Intelligenz begegnet man ja auch im täglichen Leben nicht zu selten.
Mit den Ergebnissen Rodenwaldts stimmen überein die nur kurz veröffentlich-
ten Untersuchungen von Schultze und Rüths'.395 Diese zogen außer der Inventarprü-
fung auch die Intelligenzprüfung mit heran. Sie bringen ein gutes Schema von 55 Fra-
gen. Ihre Resultate bringen gegenüber Rodenwaldt nichts Neues und bei der Kürze
nichts Bindendes.
Das Schema Schultzes in etwas modifizierter Form verwandte Klieneberger“ zur
Untersuchung von Schülern einer Volks- und Bürgerschule und | von Studenten.396 Er
gibt für viele Fragen die Zahlen der richtigen, falschen, für einige der ungenauen Ant-
worten an. Die Durchschnittsleistungen nehmen natürlich zu von Volksschülern über
Bürgerschüler (nur wenig) bis zu den Studenten. Aber auch die Studenten konnten
zum Teil einfachste Fragen nicht beantworten, füllten den leichten Ebbinghaustest397
sogar zum Teil falsch aus. Ganz besonderen Wert legt Klieneberger auf die Zeitdauer
der ganzen Untersuchung und der einzelnen Leistung. Er meint einen weitgehenden
Parallelismus zwischen Kürze und Intelligenz zu finden, ohne daß das in der kurzen
Veröffentlichung in der durchsichtigen Weise wie bei Rodenwaldt begründet würde.
Intelligenz und Übung und andere Faktoren, die Unterschiede in den Leistungen so
verschiedener Bildungsklassen bedingen, werden nicht deutlich unterschieden.
Was wir aus den Kenntnisprüfungen''1398 gelernt haben, ist, daß die Feststellung des
Inventars an sich für psychiatrische Zwecke keinen Schluß zuläßt. Der Besitz kann groß
und kann sehr gering sein, ohne daß sich die Besitzenden im psychiatrischen Sinne

i Schultze und Rühs , Intelligenzprüfung von Rekruten und älteren Mannschaften. Deutsche med.
Wochenschr. 1906,1273.
ü Klieneberger, Intelligenzprüfung von Schülern und Studenten. Deutsche med. Wochenschr.
1907,1813.
iü Zahlreiche geeignete Fragen nach dem Inventar sind angeführt außer bei Rodenwaldt, Schultze
u. Rühs z.B. bei Kraepelin, Allg. Psych., 8. Aufl., S. 482 ff.

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