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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Editor]; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0261
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218

Die Methoden der Intelligenzprüfung und der Begriff der Demenz

in Assoziationsversuchen) und die Fähigkeit der Auswahl der gerade zweckmäßigen
Assoziationen (die sich bei vorhandener Aufgabe in jeder Intelligenzleistung zeigt und
z.B. in Kombinationsversuchen einer zahlenmäßigen Feststellung unterworfen werden
sollte). In allen drei Komponenten können die größten individuellen Schwankungen
bestehen. Die Masse des Vorstellungsstoffes hängt von Milieu und Lernfähigkeit ab. Die
Fülle möglicher Verknüpfungen variiert enorm, man spricht hier von Phantasie, mit
der natürlich auch noch manches andere bezeichnet wird. Ob alles in ausgeschliffenen
Bahnen läuft oder jeden Augenblick neue Verknüpfungen zu entstehen bereit sind,
bedingt bedeutsame Unterschiede. Die davon wiederum zu trennende Fähigkeit des
zweckmäßigen Auftretens bestimmter Assoziationen aus den möglichen ist die eigent-
liche Intelligenz von der Seite des Mechanismus betrachtet.
182 | Es ergibt sich, daß die völlig freien Assoziationsversuche, soweit solche möglich
sind, eventuell die überhaupt möglichen Vorstellungsverknüpfungen, ihre Mannig-
faltigkeit und die statistische Häufigkeit der Arten zu prüfen imstande sind, daß dage-
gen jede Aufgabe das Funktionieren jenes zweckmäßig arbeitenden Auswahlapparates
untersucht. Von diesem zweckmäßigen Apparat wissen wir im einzelnen, wie mehr-
fach gesagt, gar nichts; wir erschließen ihn nur aus den Leistungen. Wir suchen die
Arten der Leistungen festzustellen, bilden ideale oder Durchschnittswerte ihrer Zweck-
mäßigkeit und bemessen danach die Leistungen als intelligent und dement. Er ergibt
sich hieraus die Möglichkeit einer Analyse der Intelligenz nach den objektiven Zwek-
ken, die mit ihr erreicht werden. Diese ist vielfach gebräuchlich (theoretische und
praktische Intelligenz, technische Intelligenz usw.).
Gegenüber den bisherigen Betrachtungen gewisser, dem Mechanischen analoger
Abläufe als Werkzeuge steht die Betrachtung der Persönlichkeit, des Willens, der Aktivität.
Der beste Nervmuskelapparat bleibt untätig ohne Willensantrieb, die vollendetsten
Werkzeuge der Intelligenz bleiben brach liegen, wenn keine Persönlichkeit sie braucht,
oder sie werden nur so weit verwendet, als die Zwecke der Persönlichkeit sie herbeiru-
fen. Wohl besteht auch die umgekehrte Beziehung: Fähigkeiten rufen Neigungen her-
vor wegen der Lust an aller Arbeit, die etwas leistet. Das wollen wir hier nicht betrach-
ten, sondern fragen, was die Analyse dieser Persönlichkeitsseite für die Intelligenz
bedeutet. Man hat hier folgende Aufstellungen gemacht: 1. eine gemütliche Verblö-
dung' als erworbene Veränderung statuiert, 2. einen angeborenen Defekt auf der
Gefühlsseite bei der moral insanity angenommen (siehe oben), 3. einen Unterschied
gefunden zwischen einer relativen Konstanz der Motive und immer wechselnden Ziel-
setzungen, 4. das starke Hervortreten einzelner Triebe in Menschen betont, während

die verwirrte Verblödung. - In der Erklärung der verwirrten Produkte schließt Tiling sich ganz
der Freudschen Schule an. Die diesbezüglichen Erörterungen fallen außerhalb unseres Themas.
i Ausgezeichnete Schilderung schon bei Spielmann, Diagnostik der Geisteskrankheiten, S. 280 ff.
Siehe im übrigen das Lehrbuch von Kraepelin.
 
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