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Die Trugwahrnehmungen
deskriptive Verschiedenheiten zu finden, in diesen Hauptgruppen dann wieder feinere
Abweichungen zu bemerken und besondere Arten und Modifikationen aufzustellen.
Auf der andern Seite suchte man nach einem einheitlichen Prinzip, das alle diese
253 Erscheinungen, die das Gemeinsame | haben, ein sinnlich anschauliches Element zu
enthalten, aus möglichst einem beherrschenden Gesichtspunkte durchsichtig erklä-
ren sollte. Hier verflüchtigen sich wieder die vorher gefundenen Unterschiede, es fan-
den sich Übergänge, alles war nur gradweise verschieden und die Phänomene erschie-
nen im Grunde alle derselben Art.
Bei dem jetzigen Stande unserer Wissenschaft sind vorwiegend die Resultate der
ersteren Richtung wichtig. Theoretische Erklärungen aus einem Prinzip haben bisher
nie Anerkennung finden können und haben die Phänomene als klarer und bekannter
erscheinen lassen, als sie sind. In jener ersten Richtung sind uns wiederum zwei Auf-
gaben gestellt. Wir sollen erstens die Phänomene kennen, welche vorkommen. Wir
sollen sie kennen, so wie sie wirklich sind, sollen ihre Eigentümlichkeiten unterschei-
den. Zweitens sollen wir erkennen, in welchen kausalen Beziehungen wir einzelne
Trugwahrnehmungen stehen finden. In ersterer Beziehung wird mit Hilfe der Kranken
möglichst genau beobachtet und unterschieden, was den sinnlichen Erlebnissen an
Eigentümlichkeiten zukommt und die gefundenen »phänomenologischen« Unter-
schiede zu ersten Gruppierungen, wie sie heute allein möglich sind, verwertet. So
allein lernen wir die charakteristischen Phänomene als solche wiederzuerkennen. In
der zweiten Beziehung haben zufällige Beobachtungen und einzelne Experimente hier
und da einigen Aufschluß gegeben.
Bei der Ausarbeitung des Referats gingen wir nicht so vor, daß wir alle Arbeiten
zusammensuchten, aus deren Titel hervorging, der Inhalt handle über Trugwahrneh-
mungen, und diese dann referierten, sondern so, daß wir uns die Aufgabe in bestimm-
ten Fragen begrenzten und nun suchten, was hierüber der Wissenschaft bekannt ist. Es
lag uns nicht daran, jede Arbeit über Sinnestäuschungen irgendwo einzuordnen. Nicht
eine Übersicht über die Arbeiten, sondern eine Übersicht über die Sache versuchten wir
zu geben. Unser Referat kann daher demjenigen, der sich selbständig über die Lehren
von den Sinnestäuschungen orientieren will, nicht die Lektüre der Literatur ersetzen.
Das kann nach unserer Ansicht überhaupt kein Referat. Aber es kann ihm eine For-
mung des Materials darbieten, die ihm vielleicht das eigene Studium erleichtert. Er hat
ein Bild vom Ganzen, das ihm eine Einordnung oder Beurteilung von Einzelarbeiten,
die hier auch nicht erwähnt sind, ermöglicht.
Für das selbständige Studium der Literatur haben wir ein möglichst vollständiges
Literaturverzeichnis der deutschen Arbeiten zu geben versucht. Jedoch ist die österreichi-
sche und französische Literatur unvollständig und die englische, italienische, hollän-
dische und russische Literatur zum überwiegenden Teil unberücksichtigt geblieben.
Da wir nicht die Arbeiten, sondern die Ergebnisse referieren wollten, haben wir
vielfach dieselbe Arbeit an mehreren Stellen benutzt und selten eine ganze Arbeit an
Die Trugwahrnehmungen
deskriptive Verschiedenheiten zu finden, in diesen Hauptgruppen dann wieder feinere
Abweichungen zu bemerken und besondere Arten und Modifikationen aufzustellen.
Auf der andern Seite suchte man nach einem einheitlichen Prinzip, das alle diese
253 Erscheinungen, die das Gemeinsame | haben, ein sinnlich anschauliches Element zu
enthalten, aus möglichst einem beherrschenden Gesichtspunkte durchsichtig erklä-
ren sollte. Hier verflüchtigen sich wieder die vorher gefundenen Unterschiede, es fan-
den sich Übergänge, alles war nur gradweise verschieden und die Phänomene erschie-
nen im Grunde alle derselben Art.
Bei dem jetzigen Stande unserer Wissenschaft sind vorwiegend die Resultate der
ersteren Richtung wichtig. Theoretische Erklärungen aus einem Prinzip haben bisher
nie Anerkennung finden können und haben die Phänomene als klarer und bekannter
erscheinen lassen, als sie sind. In jener ersten Richtung sind uns wiederum zwei Auf-
gaben gestellt. Wir sollen erstens die Phänomene kennen, welche vorkommen. Wir
sollen sie kennen, so wie sie wirklich sind, sollen ihre Eigentümlichkeiten unterschei-
den. Zweitens sollen wir erkennen, in welchen kausalen Beziehungen wir einzelne
Trugwahrnehmungen stehen finden. In ersterer Beziehung wird mit Hilfe der Kranken
möglichst genau beobachtet und unterschieden, was den sinnlichen Erlebnissen an
Eigentümlichkeiten zukommt und die gefundenen »phänomenologischen« Unter-
schiede zu ersten Gruppierungen, wie sie heute allein möglich sind, verwertet. So
allein lernen wir die charakteristischen Phänomene als solche wiederzuerkennen. In
der zweiten Beziehung haben zufällige Beobachtungen und einzelne Experimente hier
und da einigen Aufschluß gegeben.
Bei der Ausarbeitung des Referats gingen wir nicht so vor, daß wir alle Arbeiten
zusammensuchten, aus deren Titel hervorging, der Inhalt handle über Trugwahrneh-
mungen, und diese dann referierten, sondern so, daß wir uns die Aufgabe in bestimm-
ten Fragen begrenzten und nun suchten, was hierüber der Wissenschaft bekannt ist. Es
lag uns nicht daran, jede Arbeit über Sinnestäuschungen irgendwo einzuordnen. Nicht
eine Übersicht über die Arbeiten, sondern eine Übersicht über die Sache versuchten wir
zu geben. Unser Referat kann daher demjenigen, der sich selbständig über die Lehren
von den Sinnestäuschungen orientieren will, nicht die Lektüre der Literatur ersetzen.
Das kann nach unserer Ansicht überhaupt kein Referat. Aber es kann ihm eine For-
mung des Materials darbieten, die ihm vielleicht das eigene Studium erleichtert. Er hat
ein Bild vom Ganzen, das ihm eine Einordnung oder Beurteilung von Einzelarbeiten,
die hier auch nicht erwähnt sind, ermöglicht.
Für das selbständige Studium der Literatur haben wir ein möglichst vollständiges
Literaturverzeichnis der deutschen Arbeiten zu geben versucht. Jedoch ist die österreichi-
sche und französische Literatur unvollständig und die englische, italienische, hollän-
dische und russische Literatur zum überwiegenden Teil unberücksichtigt geblieben.
Da wir nicht die Arbeiten, sondern die Ergebnisse referieren wollten, haben wir
vielfach dieselbe Arbeit an mehreren Stellen benutzt und selten eine ganze Arbeit an