348
Die Trugwahrnehmungen
den Muskeln des Sprachapparats), beim Lesen und Schreiben »Wortgesichtsbilder«
und »Schreibbewegungsbilder« (kinästhetische Empfindungen in den Muskeln, die
zum Schreiben gebraucht werden) eine Rolle. In allen diesen vier Arten von Empfin-
298 dungskomplexen, die | Sprachsymbole aufbauen, sind Halluzinationen beobachtet
worden. In Wortklangbildern treten die gewöhnlichen Stimmen auf. Halluzinationen
in Wortbewegungsbildern werden seltener beobachtet. Cramer hat sie eingehend
beschrieben.
Ein Heidelberger Kranker schilderte seine Stimmen: es ist wie ein Drang durch den Kopf und
wenn ich es aufhalten will, kriege ich Krämpfe. Es ist, wie wenn der Sprechapparat keinen
Zusammenhang mit den Gedanken hätte, es ist keine Stimme, es ist ein Verkehr in einer Spra-
che, die lautlos ist, ich weiß gar nicht, wie ich es erklären soll.
Halluzinationen in Schreibbewegungsbildern sind von Margulies beschrieben
worden:
Ein i8jähriger Gymnasiast hatte viel an spiritistischen Sitzungen teilgenommen und die Psy-
chographie getrieben. Er erkrankte an einer hysterischen Psychose und nahm in derselben
Schreibbewegungen der Hand in der Tasche wahr, durch die ihm Gedanken, wie er meinte, von
Gott, mitgeteilt wurden. Er sprang in den Fluß infolge eines Befehls, der ihm von diesen Schreib-
bewegungen mitgeteilt wurde. Genesung. Krankheitseinsicht. (Ob es sich um wirkliche Bewe-
gungen oder um Halluzinationen handelte, ist wohl fraglich.)
Ein Halluzinieren von Schriftzeichen mit dem Gesichtssinn beschreibt Halbey.
Einige Fälle von Sprachhalluzinationen bei Taubstummen sind beobachtet, die bei
dem Ausfall des Sinnesgebiets des Gehörs besonders interessant sein müssen. Cramer
konstatierte Sinnestäuschungen von der Dignität einer Gehörstäuschung bei einem
von früh an taubstummen Menschen, welcher sicher niemals in der Lage war, sich eine
akustische Vorstellung, resp. Wortklangbilder zu erwerben. Solche Sinnestäuschun-
gen stehen an überzeugender Wirkung echten Gehörstäuschungen durchaus gleich.
Der Kranke hört, daß er Prinz sei u. dgl. Das geschieht durch das Material der Bewe-
gungsvorstellungen des Sprachapparats. Außerdem hatte er kinästhetische Sinnestäu-
schungen in den Bewegungsbildern der zur Zeichensprache erforderlichen Handbe-
wegungen. - Sanjuau berichtet von einem taubstummen Kranken mit optisch
mimischen Halluzinationen von verbaler Bedeutung.
Eine besondere Form der Sprachhalluzinationen ist das Gedankenlautwerden
(Cramer, Klinke, Juliusburger, Bechterew, Cololian, Krause, gute Zusammen-
fassung bei Störring S. 42 ff.). Es ist nicht gemeint der Wahn des Gedankenlautwerdens:
Kranke glauben durch irgendwelche Schlüsse oder primäre Wahnideen, daß ihre
Gedanken andern bekannt werden. Das halluzinatorische Gedankenlautwerden besteht
darin, daß das, was der Kranke denkt, ausgesprochen wird. Hier ist zweierlei zu unter-
scheiden. Entweder wird das, was gedacht oder erlebt wurde, dem Kranken in anderer
Die Trugwahrnehmungen
den Muskeln des Sprachapparats), beim Lesen und Schreiben »Wortgesichtsbilder«
und »Schreibbewegungsbilder« (kinästhetische Empfindungen in den Muskeln, die
zum Schreiben gebraucht werden) eine Rolle. In allen diesen vier Arten von Empfin-
298 dungskomplexen, die | Sprachsymbole aufbauen, sind Halluzinationen beobachtet
worden. In Wortklangbildern treten die gewöhnlichen Stimmen auf. Halluzinationen
in Wortbewegungsbildern werden seltener beobachtet. Cramer hat sie eingehend
beschrieben.
Ein Heidelberger Kranker schilderte seine Stimmen: es ist wie ein Drang durch den Kopf und
wenn ich es aufhalten will, kriege ich Krämpfe. Es ist, wie wenn der Sprechapparat keinen
Zusammenhang mit den Gedanken hätte, es ist keine Stimme, es ist ein Verkehr in einer Spra-
che, die lautlos ist, ich weiß gar nicht, wie ich es erklären soll.
Halluzinationen in Schreibbewegungsbildern sind von Margulies beschrieben
worden:
Ein i8jähriger Gymnasiast hatte viel an spiritistischen Sitzungen teilgenommen und die Psy-
chographie getrieben. Er erkrankte an einer hysterischen Psychose und nahm in derselben
Schreibbewegungen der Hand in der Tasche wahr, durch die ihm Gedanken, wie er meinte, von
Gott, mitgeteilt wurden. Er sprang in den Fluß infolge eines Befehls, der ihm von diesen Schreib-
bewegungen mitgeteilt wurde. Genesung. Krankheitseinsicht. (Ob es sich um wirkliche Bewe-
gungen oder um Halluzinationen handelte, ist wohl fraglich.)
Ein Halluzinieren von Schriftzeichen mit dem Gesichtssinn beschreibt Halbey.
Einige Fälle von Sprachhalluzinationen bei Taubstummen sind beobachtet, die bei
dem Ausfall des Sinnesgebiets des Gehörs besonders interessant sein müssen. Cramer
konstatierte Sinnestäuschungen von der Dignität einer Gehörstäuschung bei einem
von früh an taubstummen Menschen, welcher sicher niemals in der Lage war, sich eine
akustische Vorstellung, resp. Wortklangbilder zu erwerben. Solche Sinnestäuschun-
gen stehen an überzeugender Wirkung echten Gehörstäuschungen durchaus gleich.
Der Kranke hört, daß er Prinz sei u. dgl. Das geschieht durch das Material der Bewe-
gungsvorstellungen des Sprachapparats. Außerdem hatte er kinästhetische Sinnestäu-
schungen in den Bewegungsbildern der zur Zeichensprache erforderlichen Handbe-
wegungen. - Sanjuau berichtet von einem taubstummen Kranken mit optisch
mimischen Halluzinationen von verbaler Bedeutung.
Eine besondere Form der Sprachhalluzinationen ist das Gedankenlautwerden
(Cramer, Klinke, Juliusburger, Bechterew, Cololian, Krause, gute Zusammen-
fassung bei Störring S. 42 ff.). Es ist nicht gemeint der Wahn des Gedankenlautwerdens:
Kranke glauben durch irgendwelche Schlüsse oder primäre Wahnideen, daß ihre
Gedanken andern bekannt werden. Das halluzinatorische Gedankenlautwerden besteht
darin, daß das, was der Kranke denkt, ausgesprochen wird. Hier ist zweierlei zu unter-
scheiden. Entweder wird das, was gedacht oder erlebt wurde, dem Kranken in anderer