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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Hrsg.]; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0393
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Die Trugwahrnehmungen

die Halluzinationen bei peripheren Erkrankungen des Auges wie bei Nägeli, ferner
manche hysterische Wachträumereien usw.
Mit dem Namen »autoskopischeHalluzinationen« wurden solche benannt, in denen
der Kranke sich selbst vor sich sieht und zugleich die Bewegungen des halluzinierten
Bildes am eigenen Körper empfindet (Lemaitre, Janet, I, S. 413,792 Fere (3),793
Naudascher).794
Man kann mit der Aufzählung bestimmter Unterscheidungen von Inhalten natür-
lich endlos fortfahren. Die genannten sind zufällig in der Literatur verbreitet und
darum referiert. Nur eine Fragestellung möchten wir noch anführen: die Frage der Häu-
300 figkeit bestimmter Inhalte nach bestimmten | Ursachen oder bei bestimmten Krank-
heiten, die Frage, ob Inhalten Spezifität zukommt. Darauf sind viele positive Antwor-
ten gegeben, denen aber keine unbedingte Gültigkeit zukommt (siehe oben S. 338).
D. Die Definition der Halluzinationen und die Theorien
Theorien sind bedingt durch die Abgrenzung und Definition dessen, wozu die Theorie
Erklärungen bringen soll. Die Definition der Halluzinationen ist nicht eindeutig fest-
gelegt. Einstimmigkeit herrscht nur darin, daß es auf abnorme Weise, nicht durch nor-
male äußere Reizvorgänge entstandene Erscheinungen sind. Die Schwierigkeiten lie-
gen in der Abgrenzung auf der einen Seite gegen Vorstellungsphänomene, auf der andern
Seite gegen Urteilsvorgänge.
Die Abgrenzung gegen Vorstellungsphänomene, zu denen dann die Pseudohalluzi-
nationen gerechnet werden, geschieht entweder prinzipiell (Hagen, Kandinsky usw.)
oder es wird ein gradweiser Unterschied angenommen (Griesinger, Goldstein usw.).
Im letzteren Falle sind Pseudohalluzinationen Übergangsphänomene. Die Definition
Hagens lautet: wir verstehen unter Halluzination das leibhafte Erscheinen eines sub-
jektiv entstandenen Bildes neben und gleichzeitig mit wirklichen Sinnesempfindun-
gen und in gleicher Geltung mit diesen (S. 28).795 Die Forderung gleichzeitigen Erle-
bens realer Sinneswahrnehmungen ist praktisch brauchbar, weil dadurch eine
Verwechslung mit traumartigen Vorgängen verhütet wird, kann aber wohl nicht prin-
zipiell aufrecht erhalten werden. Die Worte »gleiche Geltung« dürfen nicht so aufge-
faßt werden, als ob ein Realitätsurteil gemeint sei. Es soll heißen: gleiche Leibhaftig-
keit. - Die Ansicht eines graduellen Unterschiedes zwischen Halluzination resp.
Wahrnehmung und Vorstellung vertritt z.B. Goldstein: »Die Halluzination ist ein
subjektiver Vorgang wie die Vorstellung, sie unterscheidet sich wie die Wahrnehmung
von dieser nur durch die graduellen Unterschiede« (S. 617).796
Das Realitätsurteil über Sinnestäuschungen wurde mehrfach als zum Begriff gehö-
rig angesehen. Eine Sinnestäuschung sollte nur dann vorliegen, wenn sie auch falscher
Weise für real gehalten wurde. In diesem Sinne wurden Worte wie die Hagens von der
gleichen Geltung mißverstanden. Goldstein trennte prinzipiell das Realitätsurteil
 
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