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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Editor]; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0553
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5io

Stellenkommentar

lung nicht mehr kategorisch aus. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Bezeichnung
>Dementia praecox< allmählich von dem von Eugen Bleuler vorgeschlagenen Begriff Schi-
zophrenie* (vgl. Stellenkommentar, Nr. 844) abgelöst.
299 Hier bezieht sich Jaspers auf Kraepelins zweigliedriges Krankheitsmodell, das innerhalb der
endogenen Psychosen die affektiven Störungen (manisch-depressives Irresein) von denen
des Intellekts (Dementia praecox-Gruppe) unterschied. Kraepelins Nosologie entstand, als
das unizistische Modell der Einheitspsychose (vgl. Stellenkommentar, Nr. 370) nicht mehr
standhielt. Im Gegensatz dazu war Kraepelins Krankheitsmodell auf unabhängig voneinan-
der bestehenden Krankheitseinheiten (vgl. vorigen Stellenkommentar) aufgebaut. Kraepe-
lin selbst hat die Polarität zwischen manisch-depressivem Irresein und Dementia praecox
nicht konsequent durchgeführt, denn neben diesen Krankheitseinheiten führte er z.B. das
Irresein des Rückbildungsalters und die Paranoia als selbständige Krankheitsformen auf.
Anfangs sehr umstritten, wurde 1913 Kraepelins Systematik fast vollständig in das Diagno-
seschema des Deutschen Vereins für Psychiatrie aufgenommen (vgl. S. Feldmann: Die Ver-
breitung der Kraepelinischen Krankheitslehre im deutschen Sprachraum zwischen 1893 und 1912
am Beispiel der Dementia praecox, Gießen 2006). Im selben Jahr führte Eugen Bleuler für die
Dementia praecox den Begriff Schizophrenie ein (vgl. dazu Stellenkommentar, Nr. 844).
300 Vgl. hierzu die Einleitung zu diesem Band, S. XV-XIX.
301 Vgl. K. Wilmanns: Zur Psychopathologie des Landstreichers, Leipzig 1906.
302 Zur Kraepelin’schen Darstellungsweise siehe I. Wübben: Verrückte Sprache. Psychiater und
Dichter in der Anstalt des 19. Jahrhunderts, Konstanz 2012; A. Schäfer: »Die Archivfunktion in
der Psychiatrie (Kraepelin, Jaspers)«, in: T. Weitin, B. Wolf (Hg.): Gewalt der Archive. Zur Kul-
turgeschichte der Wissensspeicherung, Konstanz 2012,235-254, und auch die Einleitung zu die-
sem Band, S. XVIII-XIX.
303 Vgl. E. Kraepelin: Psychiatrie. Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte, siebente, vielfach umge-
arbeitete Aufl., Bd. 2: Klinische Psychiatrie, Leipzig 1904,7. Bei Kraepelin heißt es leicht abwei-
chend: «Die gewissenhafte Zersplitterung der Formen in ihre kleinsten und anscheinend
unbedeutendsten Abwandlungen, wie wir sie etwa heute in der Lehre der Muskelatrophie
wiederfinden, ist somit die unerlässliche Vorstufe für die Gewinnung wirklich einheitlicher,
der Natur entsprechender Krankheitsbilder«.
304 Zur Anmerkung: Vgl. R. von Krafft-Ebing: »Ueber Eifersuchtswahn beim Manne«, in: Jahr-
bücher für Psychiatrie und Neurologie 10 (1891) 212-231; R. Werner: »Zur klinischen Kenntnis
des Eifersuchtswahnes der Männer«, ebd. n (1892) 253-266; A. Schüller: »Eifer suchtswahn
bei Frauen«, ebd. 20 (1901) 292-319; P. Brie: »Ueber Eifersuchtswahn«, in: Psychiatrisch-
neurologische Wochenschrift 3 (1901) 271-277; F. Wahlert: Kasuistik des Eifersuchtswahns, Greifs-
wald 1903; H. Többen: »Ein Beitrag zur Kenntnis des Eifersuchtswahns«, in: Monatsschrift für
Psychiatrie und Neurologie 19 (1906) 321-331.
305 Zu Sinnestäuschungen und Erinnerungsfälschungen siehe oben, S. 301.
306 Zur Anmerkung: Behrens ist ein Deckname (vgl. hierzu Stellenkommentar, Nr. 9). Ob es sich
um eine Patientin der Heidelberger Klinik handelt, konnte nicht ermittelt werden. Zu dem
Fall von Krafft-Ebing vgl. R. von Krafft-Ebing: Lehrbuch der Psychiatrie aufklinischer Grundlage
für praktische Ärzte und Studierende, vierte, theilweise umgearbeitete Aufl., Stuttgart 1890,458-
459-
307 Erinnerungsfälschungen sind von den Erinnerungstäuschungen zu unterscheiden. Der
Begriff >Erinnerungstäuschung< wurde von Wilhelm Sander (1838-1922) geprägt, um einen
 
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