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Wie andere sehr alte Heiligtümer beweisen, werden einmal als heilig betrachtete Orte von den nachfol-
genden Generationen, die häufig nicht mehr den ursprünglichen Grund für die Errichtung des Heiligtums
kennen, konsequent weiter 'benutzt'. Dabei spielt es keine entscheidende Rolle, welcher Religion diese
späteren Verehrer angehören. Sie verfahren nach der Einsicht, daß es jedenfalls nicht schaden könne, sich
mit dem ge/iüry /oc;' gut zu stellen. Zudem waren die Autoren der sogdischen und Brähmi-Inschriften in
einem fremden und gefährlichen Landstrich unterwegs und wollten es wohl schon deshalb nicht unbedingt
darauf ankommen lassen, lokale Gottheiten oder Geister zu erzürnen. Darüber hinaus waren die meisten
der späteren Reisenden, die bis hierhin gelangten, insbesondere aber die Verfasser der Brähml-Inschrif-
ten, Buddhisten. Tatsächlich finden sich die meisten der vorhandenen Stüpa-Darstellungen auf Stein 18,
und sie sind fast ausnahmslos von Namen umgeben. Auch Hand- und Fußabdrücke, denen sicherlich
ebenfalls religiöse Bedeutung zukommt, gibt es hier. Solche Zeichnungen wurden auch noch in der Zeit
angefertigt, da der Buddhismus in dieser Region Einzug hielt. So können wir also annehmen, daß bereits
in vorbuddhistischer Zeit der Platz als heilig bekannt war und seine Bedeutung bis in die Neuzeit hinein
behieit, wie die vielen auf Stein 18 gelegten Kiesel vermuten lassen.
Kehren wir nun zu dem Phänomen der großen Anzahl an Brähmi-Inschriften und den wenigen sogdischen
Inschriften zurück. Wie Jettmar wiederholt ausführte,war Shatial vermutlich ein Handelsknotenpunkt.
Die Sogdier, die keine Buddhisten waren, hätten zwar die Erlaubnis gehabt, bis hierher zu kommen und
hier ihre Waren zu verkaufen, doch durften sie nicht weiter flußaufwärts gehen. Auf ihre buddhistischen
Handelspartner dagegen traf dieses Verbot offenbar nicht zu, wie die große Zahl von Brähmi-Inschriften
in Oshibat, Chilas und Thalpan beweist. In keiner der genannten Stationen sind mit Shatial auch nur an-
nähernd vergleichbare Mengen an sogdischen Inschriften vorhanden. Diese wenigen sind vielleicht nach
Jettmar^ dadurch zu erklären, daß es zeitweise noch eine andere, weiter östlich gelegene Reiseroute
gab oder aber, daß es einige wenige Kaufleute, möglicherweise unter Führung Einheimischer, schafften,
an den Wachposten vorbei weiter stromaufwärts zu gelangen, um dort unter Umgehung des Handelszolls
ihre Waren zu verkaufen. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß die meisten übrigen Fund-
stellen mit sogdischen Inschriften auf dem nördlichen Ufer des Indus liegen (Khanbari, Thor I, Helor
Das, Dadam Das, Thalpan, Ba Das).
Neben der besonderen Stellung von Stein 18 ist noch ein weiterer Umstand bemerkenswert, der als
Grund für die Existenz der Station Oshibat angeführt werden kann. Wie bereits ausgeführt wurde, vertei-
len sich die mit Gravuren versehenen Steine von Oshibat offenbar entlang eines alten Weges, wobei der
eindeutige Schwerpunkt der Zeichnungen - um und auf Stein 18 - nahe am Indusufer hegt. Östlich da-
von wurden im Uferbereich keine weiteren Gravuren gefunden. Diese Tatsache könnte dadurch erklärt
werden, daß hier eine Anlegestelle zum Überqueren des Flusses bestand. Der Indus fließt in diesem Be-
reich breit und ruhig, und heute noch wird diese Stelle von Goldwäschern zum Übersetzen mit Schlauch-
flößen aufgesucht, da sich auch auf der anderen Seite eine breite Sand- und Kiesterrasse ausdehnt,^ auf
der man gut anlanden kann. So könnten eine ganze Anzahl von Gravuren von Reisenden angefertigt wor-
den sein, die sich damit die Wartezeit bis zur Überfahrt verkürzten.

34 JETTMAR 1980: 194; ders. 1991a: 251ff.
35 JETTMAR 1991: 253.
36 Hier Hegt die jüngst von M. Nasim Khan dokumentierte Felsbüdstation Helor Das (NASIM KttAN 1994: 201ff.).
 
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