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ZU DEN SOGDISCHEN INSCHRIFTEN

NICHOLAS SIMS-WILLIAMS

Etwa fünfundzwanzig sogdische Inschriften wurden bis jetzt in Oshibat entdeckt, von denen sich die mei-
sten konzentriert auf den Steinen 17 bis 19 befinden. Abgesehen von einigen bereits in Sims-Williams
1989 zitierten Namen, wurden alle zum ersten Mal in Sims-Williams 1992: 20-21 veröffentlicht.
Verglichen mit den weit zahlreicheren sogdischen Inschriften von Shatial I weisen jene von Oshibat keine
bemerkenswerten Besonderheiten auf. Wie diejenigen von Shatial und anderen Stationen entlang des
Oberen Indus bestehen sie fast ausschließlich aus Namen und Patronymika sogdischer Besucher dieser
Region. In einigen Fällen hinterließ derselbe Mann seinen Namen sowohl in Oshibat als auch in einer
anderen Station. So findet sich der Name "Söpen, der Sohn von Näfakhs" (Oshibat 17:32) auch auf der
gegenüberliegenden Flußseite in Thor I Stein 142/ während "Farnch, der Sohn des Kund (oder Kuzt)"
sowohl in Shatial I 31:9CP als auch in Oshibat 21:6 bezeugt ist. Sowohl Shatial I 15: Ü als auch Oshibat
17:34 nennen einen gewissen ZK 3pcw/3ync, was entweder als "Nane-dhvär, der (Sohn des)
Aspchuvaghanch" oder als "Nane-dhvär, der aus Aspchu-vaghan Stammende" verstanden werden kann,
da $pcw/?y7?c ein aus einem unbezeugten sogdischen Ortsnamen gebildetes regelmäßiges ethnisches Ad-
jektiv ist, das in /5y/r- 'heiliger Platz, Tempel' endet/ In gleicher Weise kann '.s7yx'?ic (Oshibat
18:130) entweder als "Dhakhyuwak, (der Sohn des) Ashtekhänch" oder als "Dhakhyuwak, (der) aus Ash-
te-khän Stammende" verstanden werden. In diesem Fall läßt sich der Ort, auf den sich das ethnische Ad-
jektiv bezieht, als eine Stadt im Nordwesten von Samarkand identifizieren, deren Name in islamischen
Quellen als Ishtikhän bezeugt ist/ so daß wir wenigstens einmal eine genaue Angabe des Herkunftsortes
eines Besuchers von Oshibat haben könnten (oder doch wenigstens den seiner Familie). Der oben zitierte
Name Näfakhs könnte auch anzeigen, daß sein Träger oder dessen Familie aus einem Dorf gleichen Na-
mens in der Nähe von Samarkand stammte/ Ansonsten haben wir keine Anhaltspunkte, anhand deren
sich entscheiden ließe, ob die Sogdier, die zu dieser Station kamen, in Sogdiana oder Ost-Turkestan be-
heimatet waren.
Es ist ebenso schwer, genaue Angaben über die Datierung der Inschriften zu machen. Allgemeine Über-
legungen, darunter paläographische Vergleiche mit sogdischen Dokumenten wie beispielsweise den 'Alten
Briefen' (frühes viertes Jahrhundert) und dem Archiv des Berges Mugh (frühes achtes Jahrhundert), leg-
ten nahe, daß die sogdischen Inschriften des Oberen Indus vermutlich aus dem "vierten bis sechsten Jh.
n. Chr. oder aus einem Abschnitt dieser Periode"^ stammen, und nichts bei den Inschriften von Oshibat
gibt Veranlassung, diesen vorläufigen Schluß zu modifizieren.

1 Nr. 571 in SlMS-WlLLIAMS 1989-92: Bd. 2, 20.
2 Nr. 119 in SlMS-WlLLIAMS 1989a: 17; Lesung nicht ganz sicher.
3 Nr. 17 in SlMS-WlLLIAMS 1989a: 13.
4 Siehe SiMS-WtLLlAMS 1989-92: Bd. 2, 43 s.v.
5 Siehe BARTHOLD 1968: 95-96; SlMS-WlLLIAMS 1989-92: Bd. 2, 44 s.v.
6 Siehe BARTHOLD 1968: 128; SlMS-WlLLIAMS 1989-92: Bd. 2, 58 s.v.
7 SlMS-WlLLIAMS 1989-92: Bd. 1, 134; vgl. auch HUMBACH 1981: 201.
 
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