Stellenkommentar Erstes Buch, KSA 3, S. 74-76 161
Original gekannt haben dürfte, ist die Rede von dem „freudlosen Ort, wo Mord
und Groll und Scharen anderer Unglücksgeister und ausdörrende Krankheiten
und Fäulnisse und das Wirken des Rheuma auf der Wiese des Unheils (Άτης
άν λειμώνα) im Düster hin und her schweifen" (Empedokles-Fragment 121 in
Diels/Kranz, Bd. 1, 360, 11. Aufl. 1964). Anstelle der Aussage „wie schien sich
da jedesmal die Erde wirklich in die ,Wiese des Unheils' umwandeln zu wollen"
(75, 31 f.) hieß es in der Reinschrift noch: „was kam da immer aus der [inneren]
Hölle, zu der das Christenthum das arme ,Seelchen', die animula vagula blan-
dula [eine Wendung Kaiser Hadrians, der damit aber etwas anderes meint] der
Alten umgeschaffen hat - ans Licht" (KSA 14, 208). Eine schwarz-humorige
Version der Wiesen-Phantasie gibt Ernst Jandl in seinem Gedicht sommerlied
von 1954: „wir sind die menschen auf den wiesen / bald sind wir menschen
unter den wiesen / und werden wiesen, und werden wald / das wird ein heite-
rer landaufenthalt" (Jandl 1997, 51).
76, 4-7 „Und wirklich, sagt ein Augenzeuge einer solchen Predigt, waren fast
alle zu Gehör kommenden Laute diejenigen von Menschen, die in bitterer
Qual sterben."] N. zitiert aus Lecky 1879-1883, Bd. 2., 628; einen Separat-
druck dieses 9. Kapitels hatte N. in seiner persönlichen Bibliothek (dort: Lecky
1880, 67 f.).
76, 15-22 „Oh Ewigkeit! [...] Komm, guter Teufel! Komm!"] Zitat aus dem im
vorigen Abschnitt genannten Werk von Lecky 1879-1883, 631 f. (im Separat-
druck des 9. Kapitels: Lecky 1880, 71 f.).
78
76, 24 Die strafende Gerechtigkeit.] Im Zusammenhang mit seiner Kri-
tik an der Moral und am Christentum greift N. immer wieder die Problematik
der Strafe auf (wie schon in M 13 und M 72, am intensivsten in M 202 - vgl.
hierzu den Kommentar). Sie war in der zeitgenössischen Strafrechtstheorie und
auch bei seinem Freund Paul Ree in dessen Werk Der Ursprung der moralischen
Empfindungen (1877) ein wichtiges Thema. Bereits in einem Brief vom 18. De-
zember 1876 aus Sorrent, wo er sich mit Ree aufhielt, hatte N. dieses Werk
seinem Verleger mit den Worten empfohlen, dass es „wahrscheinlich in der
Geschichte der Moral-Philosophie einen entscheidenden Wendepunct bilden
wird" (KSB 5/KGB II/5, Nr. 580). Wie so oft setzt N. der christlichen Vorstellung
die der Griechen als eine ganz andere entgegen. Als Anhaltspunkt dient ihm
hier der tragische Held, der schuldlos in größtes Unglück gerät, insbesondere
spielt er auf den König Ödipus an, dessen Schicksal ihn schon im 9. Kapitel
der Geburt der Tragödie beschäftigte.
Original gekannt haben dürfte, ist die Rede von dem „freudlosen Ort, wo Mord
und Groll und Scharen anderer Unglücksgeister und ausdörrende Krankheiten
und Fäulnisse und das Wirken des Rheuma auf der Wiese des Unheils (Άτης
άν λειμώνα) im Düster hin und her schweifen" (Empedokles-Fragment 121 in
Diels/Kranz, Bd. 1, 360, 11. Aufl. 1964). Anstelle der Aussage „wie schien sich
da jedesmal die Erde wirklich in die ,Wiese des Unheils' umwandeln zu wollen"
(75, 31 f.) hieß es in der Reinschrift noch: „was kam da immer aus der [inneren]
Hölle, zu der das Christenthum das arme ,Seelchen', die animula vagula blan-
dula [eine Wendung Kaiser Hadrians, der damit aber etwas anderes meint] der
Alten umgeschaffen hat - ans Licht" (KSA 14, 208). Eine schwarz-humorige
Version der Wiesen-Phantasie gibt Ernst Jandl in seinem Gedicht sommerlied
von 1954: „wir sind die menschen auf den wiesen / bald sind wir menschen
unter den wiesen / und werden wiesen, und werden wald / das wird ein heite-
rer landaufenthalt" (Jandl 1997, 51).
76, 4-7 „Und wirklich, sagt ein Augenzeuge einer solchen Predigt, waren fast
alle zu Gehör kommenden Laute diejenigen von Menschen, die in bitterer
Qual sterben."] N. zitiert aus Lecky 1879-1883, Bd. 2., 628; einen Separat-
druck dieses 9. Kapitels hatte N. in seiner persönlichen Bibliothek (dort: Lecky
1880, 67 f.).
76, 15-22 „Oh Ewigkeit! [...] Komm, guter Teufel! Komm!"] Zitat aus dem im
vorigen Abschnitt genannten Werk von Lecky 1879-1883, 631 f. (im Separat-
druck des 9. Kapitels: Lecky 1880, 71 f.).
78
76, 24 Die strafende Gerechtigkeit.] Im Zusammenhang mit seiner Kri-
tik an der Moral und am Christentum greift N. immer wieder die Problematik
der Strafe auf (wie schon in M 13 und M 72, am intensivsten in M 202 - vgl.
hierzu den Kommentar). Sie war in der zeitgenössischen Strafrechtstheorie und
auch bei seinem Freund Paul Ree in dessen Werk Der Ursprung der moralischen
Empfindungen (1877) ein wichtiges Thema. Bereits in einem Brief vom 18. De-
zember 1876 aus Sorrent, wo er sich mit Ree aufhielt, hatte N. dieses Werk
seinem Verleger mit den Worten empfohlen, dass es „wahrscheinlich in der
Geschichte der Moral-Philosophie einen entscheidenden Wendepunct bilden
wird" (KSB 5/KGB II/5, Nr. 580). Wie so oft setzt N. der christlichen Vorstellung
die der Griechen als eine ganz andere entgegen. Als Anhaltspunkt dient ihm
hier der tragische Held, der schuldlos in größtes Unglück gerät, insbesondere
spielt er auf den König Ödipus an, dessen Schicksal ihn schon im 9. Kapitel
der Geburt der Tragödie beschäftigte.