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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0192
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Stellenkommentar Erstes Buch, KSA 3, S. 85-86 177

Metaphysik in metaphysica generalis (Ontologie) und metaphysica specialis
(rationale Theologie, Kosmologie und Psychologie).
93
86, 4 Was ist Wahrheit?] Dies ist die berühmte Frage des Pilatus, mit der
er auf den von Jesus im Verhör erhobenen Wahrheitsanspruch reagiert: „Pila-
tus sagte zu ihm: ,Also bist du doch ein König?' Jesus antwortete: ,Du sagst es,
ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, daß
ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf
meine Stimme'. Pilatus sagte zu ihm: ,Was ist Wahrheit?'" (Johannes 18, 37 f.;
hierzu ausführlich NK 6/2, 225, 2-10).
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86, 14 Heilmittel der Verstimmten.] Im Opferkult sieht N. das Muster
für ein verbreitetes Verhalten: ein anderes Wesen muss als Sündenbock ster-
ben. Der Satz: „Schon Paulus meinte, ein Opfer sei nöthig, damit die tiefe Ver-
stimmung Gottes über die Sünde aufgehoben werde" bezieht sich vor allem,
wenn auch undifferenziert, auf den Hebräerbrief. Er legt in mehreren Partien
dar, dass das Opfer im Alten Testament als notwendig erachtet wurde, um von
Sünden reinzuwaschen. Hebräer 5, 1: „Denn ein jeglicher Hohepriester, der aus
den Menschen genommen wird, der wird gesetzt für die Menschen gegen Gott,
auf daß er opfere Gaben und Opfer für die Sünden"; Hebräer 7, 26-27: „Denn
einen solchen Hohenpriester sollten wir haben, der da wäre heilig, unschuldig,
unbefleckt, von den Sündern abgesondert und höher, denn der Himmel ist; /
dem nicht täglich not wäre, wie jenen Hohepriestern, zuerst für eigene Sünden
zu opfern und dann erst für die des Volkes, denn das hat er getan einmal, da
er sich selbst opferte". Im 9. und 10. Kapitel des Hebräerbriefs wird den Tierop-
fern des Alten Testaments, die nun als äußerliche Opferhandlungen erschei-
nen, deshalb nicht gottgefällig seien und nicht zur Befreiung von der Sünde
führen können, das Opfer Jesu Christi entgegengestellt, das von den Sünden
auf ewig erlöse. Hebräer 10, 4-6: „Denn es ist unmöglich, durch Ochsen- und
Bocksblut Sünden wegzunehmen // Brandopfer und Sühnopfer gefallen dir
nicht". Hebräer 10, 11-12: „Und ein jeglicher Priester ist eingesetzt, daß er alle
Tage Gottesdienst pflege und oftmals Opfer tue, welche nimmer mehr können
die Sünden abnehmen. / Dieser aber, da er hat ein Opfer für die Sünden geop-
fert, das ewiglich gilt, sitzt er nun zur Rechten Gottes".
86, 21 in effigie] Im Bild, stellvertretend. Der Ausdruck kommt aus der Rechts-
geschichte und meint ursprünglich die symbolische Hinrichtung eines Delin-
 
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