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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0219
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204 Morgenröthe

an der Morgenröthe zuwandte, teilte er seinem Verleger Ernst Schmeitzner mit:
„Der von mir geschätzte Logiker heißt: A. Spir, sein Buch: ,Denken und Wirk-
lichkeit'" (KSB 5/KGB II/5, Nr. 907). Zum Gesamtkomplex von N.s Auseinander-
setzung mit Spir bis in die späten Schriften: D'lorio 1993.
Die Wendung gegen das „Reich der Freiheit" in Μ 125 steht in einem unre-
flektierten Spannungsverhältnis zu dem schon für Menschliches, Allzumenschli-
ches und dann für Morgenröthe und Die fröhliche Wissenschaft grundlegenden
Konzept des „freien Geistes".
126
117, 7 Vergessen.] Vgl. Μ 167, besonders 149, 33-150, 8.
127
117, 17 Nach Zwecken.) In den Zusammenhang der Reflexionen auf das
Problem des (freien) Willens - vgl. Μ 124 und Μ 125 - gehört auch die Reflexion
auf „Zwecke". Beides verbindet N. in der ausführlichen Erörterung von Μ 130,
wo er schon in der Überschrift fragt: „Zwecke? Willen?" In der Götzen-
Dämmerung (GD ,Die vier grossen Irrthümer' 8) heißt es: „Wir haben den Be-
griff ,Zweck' erfunden: in der Realität fehlt der Zweck. Man ist nothwendig,
man ist ein Stück Verhängniss, man gehört zum Ganzen, man ist im Ganzen"
(KSA 6, 96, 26-29).

128
117, 23 Der Traum und die Verantwortlichkeit.] Schon in M 116 be-
streitet N. die moralische Verantwortlichkeit des Menschen als eine aus einer
falschen Freiheits-Ideologie kommende Vorstellung. Hier versucht er, wieder
in Verbindung mit der für falsch gehaltenen, wenn auch seines Erachtens psy-
chologisch als Produkt des „Machtgefühls" (118, 10) verständlichen „Lehre von
der Freiheit des Willens" (118, 9), die Unverantwortlichkeit des Menschen für
seine Träume zum Argument zu machen. Er beruft sich auf Ödipus, der sich
über den - an ihm tatsächlich in Erfüllung gehenden - Orakelspruch hinweg-
setzt, er werde seine Mutter heiraten und sich dadurch in Schuld verstricken.
Ödipus verweist eine solche Vorstellung in die Sphäre des Unbewussten, der
Träume: Im König Ödipus des Sophokles sagt er, um das drohende Schicksal
zu verharmlosen und sich so zu entlasten: „Denn viele Menschen haben wohl
 
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