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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0247
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232 Morgenröthe

helfend noch strafend um die Menschen, weil diese ihnen gleichgültig sind. N.
spinnt diese Vorstellung mit der Aussage über die Distanz der Götter zu den
„Liebeshändeln" der Menschen scherzhaft aus. Die Hauptabsicht Epikurs war
es, die Menschen von dem Aberglauben zu befreien, sie seien von jenseitigen
dämonischen Mächten abhängig. Vor allem wollte er sie damit von Furcht be-
freien und sie zum griechischen Ideal eines geglückten Lebens, zur Eudaimo-
nie bringen. Lukrez, der ebenfalls zu N.s Lektüren gehört, vertrat in seinem
Lehrgedicht De rerum natura (Über die Natur der Dinge), in dem er Epikur hul-
digte, dieses durch den philosophischen Atomismus Demokrits materialistisch
radikalisierte immanente Weltbild. N. kannte Epikur aus der zentralen Quelle:
aus Diogenes Laertius, Buch X. In seinen Werken kommt er immer wieder auf
sie zurück. Mit Sicherheit kannte er Epikur auch aus den zeitgenössischen Phi-
losophiegeschichten, so aus Eduard Zellers Darstellung in seinem Werk Die
Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, aus Ueberwegs
Philosophiegeschichte sowie aus dem von ihm intensiv und mit viel Zustim-
mung gelesenen Werk von Friedrich Albert Lange: Geschichte des Materialis-
mus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart (1866). N. hebt die besondere,
über alles bloß Historische hinausreichende Bedeutung, die Epikur für ihn hat,
in Menschliches, Allzumenschliches II: Der Wanderer und sein Schatten 227, her-
vor: „Epikur hat zu allen Zeiten gelebt und lebt noch, unbekannt Denen, wel-
che sich Epikureer nannten und nennen, und ohne Ruf bei den Philosophen.
Auch hat er selber den eigenen Namen vergessen: es war das schwerste Ge-
päck, welches er je abgeworfen hat" (KSA 2, 656, 13-17). Die moderne Stan-
dardausgabe: Epicuro: Opere a cura di G. Arrighetti. Vgl.: Epicurus. The Extant
Remains, with short critical apparatus, translation and notes by C. Bailey (1926);
Deutsche Übersetzungen: Epikur 1968 und Epikur 2006. Zur Übersicht: Striker
1981, 95-115. Die maßgebliche Testimoniensammlung stammt von Hermann
Usener: Epicurea (1887).
Eine grundlegende, auch für N.s Epikur-Rezeption im Horizont seiner Aus-
einandersetzungen mit dem Christentum aufschlussreiche Abhandlung ist
Schmid 1961.
151
142, 25 Hier sind neue Ideale zu erfinden.] Mit der Institution der Ehe
setzte sich N. immer wieder auseinander, auch weil er selbst sich trotz wieder-
holter Anläufe nicht zu einer Ehe entschließen konnte. Aus seinen Briefen geht
hervor, dass er sich in den Jahren, als Freunde und ehemalige Studienkamera-
den heirateten, ebenfalls zu diesem Schritt halbwegs motiviert fühlte, aber
dann doch die „Einsamkeit" vorzog. Diese ist auch deshalb und nicht nur aus
 
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