Stellenkommentar Drittes Buch, KSA 3, S. 180 289
1869, l[30], KSA 7, 18, 14-19). Analog unter dem ursprünglich für die Morgenrö-
the erwogenen Gesamttitel „Die Pflugschar": NL 1876, 18[1], KSA 8, 314, 2-5.
203
179, 2 Gegen die schlechte Diät.] Ludwig Feuerbach hatte die später
zum geflügelten Wort gewordene Formulierung gefunden: „Der Mensch ist,
was er ißt" (zuerst in Feuerbach 1850, 1083). N., der aufgrund seiner schwer
gefährdeten Gesundheit nach dem Zeugnis seiner Briefe verzweifelt eine wohl-
tuende Diät suchte, traktierte dieses Thema immer wieder. In Ecce homo Wa-
rum ich so klug bin' 1 und 2 geht er ausführlich darauf ein und glaubt konsta-
tieren zu können: „Das tempo des Stoffwechsels steht in einem genauen Ver-
hältniss zur Beweglichkeit oder Lahmheit der Füsse des Geistes; der ,Geist'
selbst ist ja nur eine Art dieses Stoffwechsels" (KSA 6, 282, 14-17) - ein Muster-
beispiel für die Sottisen, zu denen die von N. oft adaptierte Methode physiolo-
gischer Reduktion verleitete.
204
180, 2 Danae und Gott im Golde.] Danae, die Tochter des Königs Akrisios
von Argos und der Eurydike, wurde von ihrem Vater in einem Turm einge-
schlossen, nachdem ein Orakel ihm verkündet hatte, er werde von einem Sohn
der Danae getötet. Zeus kam als Goldregen auf die Gefangene hernieder, und
sie wurde Mutter des Halbgottes Perseus. Schon Tizian hatte auf einem Gemäl-
de das Gold in einem realistischen Sinn dargestellt: Auf dem Betttuch, auf dem
sich die entblößte Danae ausstreckt, liegen Goldstücke. N. aktualisiert den My-
thos anders, indem er die Erscheinung des Gottes im „Golde" zum Symbol
der - schon im vorangehenden Text thematisierten - Geldgier und des hem-
mungslosen Besitzstrebens in der gründerzeitlichen „höheren Gesellschaft" er-
hebt. Der andere Teil der Konstellation - die Figur Danae - kommt in seinem
Text hingegen nicht zur Geltung. Dass er die Geld- und Besitzgier psycholo-
gisch als „Mittel des Machtgelüstes" (180, 22) versteht und als der Gegenwart
adäquaten Ausdruck „höchsten Machtgefühls" wertet (180. 27), entspricht sei-
ner in zahlreichen Texten der Morgenröthe unternommenen Reduktion
menschlicher Verhaltensweisen auf das „Gefühl der Macht". Vgl. auch die in M
175 und M 186 von N. geringschätzig behandelte Sphäre des Wirtschaftlichen,
Ökonomischen - sowie die als „Vorzug" der Adligen angeführte Fähigkeit, Ar-
mut zu ertragen (Μ 200).
1869, l[30], KSA 7, 18, 14-19). Analog unter dem ursprünglich für die Morgenrö-
the erwogenen Gesamttitel „Die Pflugschar": NL 1876, 18[1], KSA 8, 314, 2-5.
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179, 2 Gegen die schlechte Diät.] Ludwig Feuerbach hatte die später
zum geflügelten Wort gewordene Formulierung gefunden: „Der Mensch ist,
was er ißt" (zuerst in Feuerbach 1850, 1083). N., der aufgrund seiner schwer
gefährdeten Gesundheit nach dem Zeugnis seiner Briefe verzweifelt eine wohl-
tuende Diät suchte, traktierte dieses Thema immer wieder. In Ecce homo Wa-
rum ich so klug bin' 1 und 2 geht er ausführlich darauf ein und glaubt konsta-
tieren zu können: „Das tempo des Stoffwechsels steht in einem genauen Ver-
hältniss zur Beweglichkeit oder Lahmheit der Füsse des Geistes; der ,Geist'
selbst ist ja nur eine Art dieses Stoffwechsels" (KSA 6, 282, 14-17) - ein Muster-
beispiel für die Sottisen, zu denen die von N. oft adaptierte Methode physiolo-
gischer Reduktion verleitete.
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180, 2 Danae und Gott im Golde.] Danae, die Tochter des Königs Akrisios
von Argos und der Eurydike, wurde von ihrem Vater in einem Turm einge-
schlossen, nachdem ein Orakel ihm verkündet hatte, er werde von einem Sohn
der Danae getötet. Zeus kam als Goldregen auf die Gefangene hernieder, und
sie wurde Mutter des Halbgottes Perseus. Schon Tizian hatte auf einem Gemäl-
de das Gold in einem realistischen Sinn dargestellt: Auf dem Betttuch, auf dem
sich die entblößte Danae ausstreckt, liegen Goldstücke. N. aktualisiert den My-
thos anders, indem er die Erscheinung des Gottes im „Golde" zum Symbol
der - schon im vorangehenden Text thematisierten - Geldgier und des hem-
mungslosen Besitzstrebens in der gründerzeitlichen „höheren Gesellschaft" er-
hebt. Der andere Teil der Konstellation - die Figur Danae - kommt in seinem
Text hingegen nicht zur Geltung. Dass er die Geld- und Besitzgier psycholo-
gisch als „Mittel des Machtgelüstes" (180, 22) versteht und als der Gegenwart
adäquaten Ausdruck „höchsten Machtgefühls" wertet (180. 27), entspricht sei-
ner in zahlreichen Texten der Morgenröthe unternommenen Reduktion
menschlicher Verhaltensweisen auf das „Gefühl der Macht". Vgl. auch die in M
175 und M 186 von N. geringschätzig behandelte Sphäre des Wirtschaftlichen,
Ökonomischen - sowie die als „Vorzug" der Adligen angeführte Fähigkeit, Ar-
mut zu ertragen (Μ 200).