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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0313
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298 Morgenröthe

und Wagner gleichen ihre „Schwächen" mit „Tugenden" aus, die durch den
Kontrast umso mehr zur Wirkung kommen. Ähnlich hatte N. schon in der Ge-
burt der Tragödie die volle musikalische Harmonie erst aus dem Kontrast zur
Dissonanz hervorgehen lassen. Vgl. NK 1/1, 152, 26-33 und zu KSA 1, 155, 4-8.

219
194, 8 Der Betrug bei der Demüthigung.] N. wendet hier das kompen-
satorische Ausgleichsschema, das er in den vorausgehenden Texten auf Kunst
und Künstler bezieht, auf die Psychologie zwischenmenschlicher Beziehungen
an, um allerdings ein zwangsläufiges Scheitern festzustellen: Es kann nichts
„ausgeglichen" werden (194, 24).

220
194, 29 Würde und Furchtsamkeit.] Indem N. die Erscheinungsformen
und Inszenierungen von „Würde" als Kompensation von „Furchtsamkeit" in-
terpretiert, folgt er erneut dem psychologischen Schema der vorausgehenden
Texte, um daraus schließlich den Verzicht auf Würde als Kennzeichen der
durch Furchtlosigkeit ausgezeichneten freien Geister abzuleiten. Vgl. auch die
Überschrift, die N. später dem 5. Buch der Fröhlichen Wissenschaft gab: „Wir
Furchtlosen".
221
195, 11 Moralität des Opfers.] Hierzu der Kommentar zu M 18. Vgl. zu den
„kanibalischen Göttern" auch M 144.
222
195, 18 Wo Fanatismus zu wünschen ist.] Während Fanatismus beson-
ders im Horizont der Aufklärung, zu der sich N. in der Morgenröthe in radikali-
sierter Form bekennt, ein entschieden negativ gewertetes Phänomen ist, ver-
sucht er hier eine psychologische Wünschbarkeit zum Ausgleich von Phlegma
zu konstruieren: Erneut handelt es sich um die Psychologie der (Über-)Kom-
pensation.
 
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