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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0353
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338 Morgenröthe

erscheint Herakles als Überirdischer und befiehlt ihm, mit den Griechen zu
segeln. Philoktet gehorcht. Sophokles wollte in der Gestalt des Odysseus den
Typus des gewissenlosen Manipulators porträtieren, der zu seiner Zeit, nicht
zuletzt durch radikale Sophisten, zersetzend wirkte.

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230, 2 Womöglich ohne Arzt leben.] Am 24. November 1880 schrieb N.
an Mutter und Schwester: „Meine Lieben, ich mache wieder den Versuch, ein
Leben zu finden, das mit mir selber harmonisch ist, und glaube, es sei auch
der Weg zur Gesundheit; mindestens habe ich auf allen andern Wegen bisher
meine Gesundheit nur eingebüßt. Ich will mein eigner Arzt sein, und dazu
gehört bei mir, daß ich mir selber im Tiefsten treu bin und auf nichts Fremdes
mehr hinhöre" (KSB 6/KGB ΙΙΙ/1, Nr. 68). Zu den - ,moralischen' - „Vorschrif-
ten" (230, 7) vgl. Μ 24.

323
230, 17 Verdunkelung des Himmels.] Die Psychologie der „Rache", das
Leitmotiv dieses Textes, macht N. im moralkritischen Duktus der Morgenröthe
mehrmals zum Thema: vgl. Μ 71, M 227, M 228, besonders M 202. Schon Paul
Ree hatte die Bedeutung der Rache für die Geschichte der ,Moral' analysiert,
vgl. den Überblickskommentar im Kapitel „Quellen". Das Fazit „Einsamkeit!
Auch darum Einsamkeit!" (231, 3) pointiert ein in der Zeit der Morgenröthe häu-
fig artikuliertes Grundbedürfnis N.s. Hier begründet er es aus dem Unbehagen,
das deformierende Reaktionsbildungen verursachen, welche infolgedessen zu
einer „Verdunkelung" der Lebensstimmung führen. Dagegen setzt N. in M 329
die „Heiterkeit", die bereits auf sein Konzept einer „fröhlichen Wissenschaft"
vorausweist. In einem nachgelassenen Notat vom Herbst 1880 kennzeichnet er
diese Entgegensetzung jedoch als bloß kompensatorisch (7[182], KSA 9, 354).
Vgl. auch M 329 und NK hierzu.

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231, 5 Philosophie der Schauspieler.] Wann immer N. vom Schauspie-
ler spricht, denkt er an Wagner. Dessen für ihn schauspielerhaft auf Wirkung,
ja auf bloße Effekte ausgehendes Künstlertum attackiert er am schärfsten in
seiner späten Schrift Der Fall Wagner.
 
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