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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0379
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364 Morgenröthe

420
257, 2 Verschlagenheit des Opferthiers.] Erneut denkt N. an seine frü-
here Bereitschaft, sich im Dienste Wagners zu „opfern" und dieses Selbstopfer
bis zur Selbsttäuschung und Selbstverleugnung zu treiben. Vgl. Μ 414 und den
Kommentar hierzu.

421
257, 8 Durch Andre hindurch.] Während N. in einer Reihe seiner Texte,
besonders in Μ 412, den Respekt vor dem „Anderen" in seiner Andersheit for-
dert, wechselt er hier die psychologische Perspektive, indem er von Menschen
spricht, die sich selbst nur „durch Andre hindurchschimmernd" sehen wollen.
Wahrscheinlich denkt er an den Freund Paul Ree, mit dem er in diesen Jahren
eine intensive geistige Gemeinschaft hatte. Ree war ihm sehr hilfreich mit sei-
nen Anregungen und auch mit seinen schon vorhandenen Arbeiten zur ,Mo-
ral', hielt sich aber immer bescheiden zurück, wie N. in einem Brief vom 21.
April 1883 an Heinrich Köselitz bemerkt: „Ree ist immer gegen mich von einer
rührenden Bescheidenheit gewesen, dies will ich Ihnen ausdrücklich beken-
nen" (KSB 6/KGB III/1, Nr. 405).
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257, 12 Andern Freude machen.] Erneut bedient sich N. der psychologi-
schen Hauptmethode La Rochefoucaulds, der in allem scheinbaren Altruismus
letztlich auf das Ego zurückweisende Motive am Werk sieht, die N. hier mit
den „eignen Trieben" meint. In der Schrift Zur Genealogie der Moral (GM III
18) greift N. das hier behandelte Thema auf, um es in die Formen christlicher
Nächstenliebe, aber auch des Willens zur Macht (durch Schaffen einer überle-
genen Position im „Freude machen") einzuordnen. Zugleich will er gerade die
schon hier in M 422 hervorgehobenen „kleinen Freuden" als therapeutisches
Mittel im Kampf gegen Depression verstehen - also wieder mit Bezug auf das
Ego.
 
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