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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0392
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Stellenkommentar Fünftes Buch, KSA 3, S. 269-271 377

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270, 14 Worin sich die Edelsten verrechnen.] Auch zahlreichen ande-
ren Texten verleiht N. neben der generellen Einsicht, die er formuliert, einen
Selbstbezug. Er hatte ein ausgeprägtes Nobilitierungsbedürfnis, weshalb er
auch gerne darüber nachdachte, was „vornehm" sei (z. B. in Μ 199, Μ 201, Μ
308, FW 40), indem er einen „höheren Ritterdienst" als „freier Geist" imagi-
nierte (vgl. Μ 201: „Zukunft des Adels") und sich mit den „Edlen" beschäf-
tigte. Den „letzten Edelsinn" (FW 55) sieht er in der „Leidenschaft, die den
Edeln befällt" (417, 31 f.): Er meint damit die eigene „Leidenschaft der Erkennt-
niss".

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270, 21 Rangordnung.] Wie auf den Adel, die Edlen und die „vornehmen"
Eigenschaften (vgl. NK Μ 445), so ist N. auch auf den nur durch Rangordnung
zu bestimmenden „Rang" bedacht - nicht zuletzt zum Zwecke der Selbstverge-
wisserung. Aufgrund seiner ,gründlichen' Subversion der Moral in der Morgen-
röthe rechnet er sich hier zu den „gründliche[n] Denker[n], die einer Sache auf
den Grund gehen, - was sehr viel mehr werth ist, als nur in ihre Tiefe hinab-
steigen" (270, 23-25). Vgl. Μ 465. Das Thema der „Rangordnung" greift N. in
selbstbewusst-aggressiver Weise in JGB 213 erneut auf (KSA 5, 148, 15-149, 9),
um sich selbst als dem einzig berechtigten Philosophen „die Hoheit herrschen-
der Blicke und Niederblicke" sowie „die Kunst des Befehlens" zu reservieren.
So ,beweist' N. sein „Recht auf Philosophie" und seinen Rang.
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271, 2 Meister und Schüler.] Vgl. Μ 469.
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271, 5 Die Wirklichkeit ehren.] Im Begriff des Erlebens und in der Vor-
stellung von „Erlebnissen" (271, 9-12) verdichtet N. die Erfahrung, die den ide-
alistischen Denker als „Wirklichkeit" am meisten bedrängt. Daraus schließt er
auf die innere Notwendigkeit dieses Denker-Typus, „vor den Erlebnissen [zu]
flüchten" (271, 11 f.). Von dieser Reflexion ausgehend behauptet N. von Platon,
dieser sei vor der erlebnishaften Wahrnehmung der Wirklichkeit zu „blassen
Gedankenbildern", d. h. zur Konzeption seiner Ideenlehre geflüchtet: zur Vor-
 
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