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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0512
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Überblickskommentar 497

häufig werden Figuren der Wortwiederholung wie die Anapher verwendet. Al-
lein im Eingangsgedicht Prinz Vogelfrei kommt sie in vier von fünf Strophen
vor (vgl. 335, 9 f.: „Vergessen hab' [...] / Vergessen Furcht [...]"; 14 f.: „Ich lass
mich [...] / Ich liebe es [...]"; 17 f.: „Vernunft? - das ist [...] / Vernunft und Zunge
[...]" und 336, lf.: „Einsam zu denken [...] / Einsam zu singen [...])", darüber
hinaus in Die kleine Hexe (vgl. 339, 22 f.: „Man lispelt [...] / Man knixt [...]"),
Das nächtliche Schweigen (vgl. 340, 15 f.: „Schläfrig beide [...] / Schläfrig stiess
[...]"), „Pia, caritatevole, amorosissima" (vgl. 341, 7 f.: „Du lieblich Ding [...] /
Du Liebling [...]") und Vogel Albatross (vgl. 341, 22 f.: „Was hebt [...] / Was ist
[...]"). Eine weitere Wortwiederholungsfigur, die Epanalepse (Wiederholung ei-
nes Worts oder einer Wortgruppe mit Abstand), taucht ebenso in mehreren
Texten auf, so gleichfalls im Eingangsgedicht (vgl. 335, 12 f.: „Schritt für
Schritt", „Bein vor Bein") in Nächtliches Geheimniss (vgl. 340, 24: „ruht und
ruht"); in „Pia, caritatevole, amorosissima" (vgl. 341, 9: „So fromm, so mild"),
in Vogel Albatross (vgl. 342, 8: „Thrän' um Thräne") und in Vogel-Urtheil (vgl.
342, 19: „Silb' um Silb'"). Schließlich kommt auch die Figur der unmittelbaren
Wort(gruppen)wiederholung, die Geminatio, vor: in Nächtliches Geheimniss
(vgl. 340, 27 f.: „Wir schliefen, schliefen / Alle - ach, so gut! so gut!") und im
Schlussgedicht: „plötzlich lachen, lachen" (342, 20), „Du ein Dichter? Du ein
Dichter?" (342, 22).
Weitere Wiederholungsfiguren wie das Polyptoton und die Figura etymolo-
gica treten gehäuft im vorletzten Gedicht Vogel Albatross auf: „Zug und Zügel"
(341, 23), „Den Sieg vergessend und den Siegenden" (341, 27), „treibt's mit ew'-
gem Triebe mich" (342, 6). Hinzu kommen Lautwiederholungs- bzw. Klangfigu-
ren wie Assonanzen (vgl. etwa die auffälligen a- und u-Assonanzen in Das
nächtliche Geheimniss: „Hundert bald - was gab es? Blut?" [340, 26], „Alle -
ach, so gut! so gut!" [340, 28]) und Alliterationen: „Wie wunderlich und weise"
(339, 16), „Giftpilz im Garten" (338, 16) „Ziel und Zug und Zügel" (341, 23). Im
Schlussgedicht fallen ferner die onomatopoetischen Klangfiguren „Tiktak"
(342, 17) und „Hopsa" (342, 19) auf, die zum - freilich ironisch gebrochenen -
Eindruck des ,Naiv-Volkstümlichen' beitragen. In diesen Zusammenhang gehö-
ren auch die zahlreichen, zum Teil recht ungewöhnlichen Diminutive in den
Gedichten Prinz Vogelfrei („Hügelchen" [335, 3], „Flügelchen" [335, 6]), Die klei-
ne Brigg, genannt „das Engelchen" („Kapitänchen" [336, 14], „Klippchen" [337,
7] usw.), Die kleine Hexe (z. B. „Leibchen" [339, 2], „Mönchlein" [339, 6], „Sünd-
chen" [339, 24]) und „Pia, caritatevole, amorosissima" („Fellchen" [341, 4]).
Auf strophenübergreifender Ebene zeigt sich bei einigen Gedichten über-
dies eine Kreis- oder Wiederholungsstruktur, die als Formzitat aus der Traditi-
on der antiken Idylle (vgl. etwa Vergils 8. Ekloge) und der modernen volkslied-
haften Lyrik gewertet werden kann: so die exakte Wiederholung der ersten
 
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