Stellenkommentar GM Vorrede 6, KSA 5, S. 252-253 79
31 f.) das Gedeihen großer Menschen unterbindet. Zum systematischen Potenti-
al von GM Vorrede 6 vgl. Lotter 2011, 408-411.
252, 30 f. Problem vom Werthe des Mitleids und der Mitleids-Moral] Vgl.
NK 252, 4-9 u. NK 252, 22-28. N. benutzte das Kompositum „Mitleids-Moral"
nur hier, in GM Vorrede 5, KSA 5, 252, 17 sowie in GD Streifzüge eines Unzeitge-
mässen 37, KSA 6, 138, 1. Schopenhauer benutzt den Ausdruck nicht, er findet
jedoch beispielsweise bei Eduard von Hartmann Verwendung (dort in der
Schreibweise „Mitleidsmoral", Hartmann o. J., 338).
252, 31 f. ich bin ein Gegner der schändlichen modernen Gefühlsverweichli-
chung] Im Druckmanuskript mit anderer Tinte korrigiert aus: „in allen meinen
Schriften, namentlich in der Morgenr. und der fröhl. Wiss, stark unterstrichen"
(GSA 71/27,1, fol. 3r).
253, 8 Kritik der moralischen Werthe] Eine „Kritik der Werthe" taucht erst-
mals in NL 1884, KSA 11, 25[136], 50, 1 als Schwerpunkt im Abstract eines zu
schreibenden Buches auf (ähnlich in KGW IX 5, W I8, 123, 12 = NL 1885, KSA 12,
2[100], 109, 17 u. NL 1886/87, KSA 12, 7[45], 309, 20: „Kritik der Werthe, gemes-
sen am Leben").
253, 13 Tartüfferie] Vgl. NK 301, 8. Nach Molieres Komödie Tartuffe ou l'impos-
teur (1664) ist Tartuffe ein Heuchler. Zu N.s Präferenz für das Schlagwort der
Tartüfferie als Heuchelei siehe NK KSA 5, 19, 14 f.
253, 15 als Stimulanz] Fälschlich heißt es in KSA 5, 253, 15: „als Stimulans".
Das ist ein Druckfehler; in der Erstausgabe steht unmissverständlich: „als Sti-
mulanz" (Nietzsche 1887a, XI).
253, 24-32 Wie? wenn im „Guten" auch ein Rückgangssymptom läge, insglei-
chen eine Gefahr, eine Verführung, ein Gift, ein Narcoticum, durch das etwa die
Gegenwart auf Kosten der Zukunft lebte? Vielleicht behaglicher, ungefähr-
licher, aber auch in kleinerem Stile, niedriger?... So dass gerade die Moral daran
Schuld wäre, wenn eine an sich mögliche höchste Mächtigkeit und
Pracht des Typus Mensch niemals erreicht würde? So dass gerade die Moral die
Gefahr der Gefahren wäre?...] In anglophonen Diskussionen erfreut sich diese
Passage - in schlechter, stellenweise schlicht falscher Übersetzung: „highest
potential power" für „an sich mögliche höchste Mächtigkeit", „man, as
species" für „Typus Mensch" (Nietzsche 2007, 8) - großer Beliebtheit, und zwar
nicht, weil sie das Thema der intergenerationeilen Gerechtigkeit auf eigentüm-
liche Weise variiert, sondern weil sie vermeintlich das zentrale Argument von
GM, dass Moral nämlich das „flourishing" des Lebens verhindere und daher
der Kritik verfallen müsse, auf den Punkt bringe (z. B. Katsafanas 2011, 172).
31 f.) das Gedeihen großer Menschen unterbindet. Zum systematischen Potenti-
al von GM Vorrede 6 vgl. Lotter 2011, 408-411.
252, 30 f. Problem vom Werthe des Mitleids und der Mitleids-Moral] Vgl.
NK 252, 4-9 u. NK 252, 22-28. N. benutzte das Kompositum „Mitleids-Moral"
nur hier, in GM Vorrede 5, KSA 5, 252, 17 sowie in GD Streifzüge eines Unzeitge-
mässen 37, KSA 6, 138, 1. Schopenhauer benutzt den Ausdruck nicht, er findet
jedoch beispielsweise bei Eduard von Hartmann Verwendung (dort in der
Schreibweise „Mitleidsmoral", Hartmann o. J., 338).
252, 31 f. ich bin ein Gegner der schändlichen modernen Gefühlsverweichli-
chung] Im Druckmanuskript mit anderer Tinte korrigiert aus: „in allen meinen
Schriften, namentlich in der Morgenr. und der fröhl. Wiss, stark unterstrichen"
(GSA 71/27,1, fol. 3r).
253, 8 Kritik der moralischen Werthe] Eine „Kritik der Werthe" taucht erst-
mals in NL 1884, KSA 11, 25[136], 50, 1 als Schwerpunkt im Abstract eines zu
schreibenden Buches auf (ähnlich in KGW IX 5, W I8, 123, 12 = NL 1885, KSA 12,
2[100], 109, 17 u. NL 1886/87, KSA 12, 7[45], 309, 20: „Kritik der Werthe, gemes-
sen am Leben").
253, 13 Tartüfferie] Vgl. NK 301, 8. Nach Molieres Komödie Tartuffe ou l'impos-
teur (1664) ist Tartuffe ein Heuchler. Zu N.s Präferenz für das Schlagwort der
Tartüfferie als Heuchelei siehe NK KSA 5, 19, 14 f.
253, 15 als Stimulanz] Fälschlich heißt es in KSA 5, 253, 15: „als Stimulans".
Das ist ein Druckfehler; in der Erstausgabe steht unmissverständlich: „als Sti-
mulanz" (Nietzsche 1887a, XI).
253, 24-32 Wie? wenn im „Guten" auch ein Rückgangssymptom läge, insglei-
chen eine Gefahr, eine Verführung, ein Gift, ein Narcoticum, durch das etwa die
Gegenwart auf Kosten der Zukunft lebte? Vielleicht behaglicher, ungefähr-
licher, aber auch in kleinerem Stile, niedriger?... So dass gerade die Moral daran
Schuld wäre, wenn eine an sich mögliche höchste Mächtigkeit und
Pracht des Typus Mensch niemals erreicht würde? So dass gerade die Moral die
Gefahr der Gefahren wäre?...] In anglophonen Diskussionen erfreut sich diese
Passage - in schlechter, stellenweise schlicht falscher Übersetzung: „highest
potential power" für „an sich mögliche höchste Mächtigkeit", „man, as
species" für „Typus Mensch" (Nietzsche 2007, 8) - großer Beliebtheit, und zwar
nicht, weil sie das Thema der intergenerationeilen Gerechtigkeit auf eigentüm-
liche Weise variiert, sondern weil sie vermeintlich das zentrale Argument von
GM, dass Moral nämlich das „flourishing" des Lebens verhindere und daher
der Kritik verfallen müsse, auf den Punkt bringe (z. B. Katsafanas 2011, 172).