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Stellenkommentar GM I 17, KSA 5, S. 288 219

der italienischen Renaissance-Condottieri vorkommt. „Manifestement, ce n'est
ni un Frangais, ni un homme du XVIIIe siecle; il appartient ä une autre race et
ä un autre äge" (Taine 1887, 722, vgl. auch Stanguennec 2005, 125. „Offensicht-
lich ist er weder ein Franzose noch ein Mann des 18. Jahrhunderts; er gehört
einer anderen Rasse und einem anderen Zeitalter an"). N. bedankte sich in
seinem Brief bei Taine für die „Erklärung und Auflösung jenes ungeheuren
Problems von Unmensch und Uebermensch, wie Sie sie uns gegeben haben"
(KSB 8/KGB III 5, Nr. 872, S. 106, Z. 12-14). Und Taine replizierte am 12. 07. 1887:
„Je suis tres heureux que mes articles sur Napoleon vous aient paru vrais, et
rien ne peut resumer plus exactement mon impression que les deux mots alle-
mands dont vous vous servez: Unmensch und Uebermensch." (KGB III 6,
Nr. 464, S. 59, Z. 7-11. „Ich bin sehr glücklich, dass Ihnen meine Artikel über
Napoleon wahrhaftig erschienen sind, und nichts kann meinen Eindruck ge-
nauer beschreiben als die beiden deutschen Wörter, die Sie verwenden: Un-
mensch und Übermensch.") Für Zimmermann 2017, 255 f. indiziert die Napole-
on-Stelle in GM I 16 die „Zwiespältigkeit" von „Nietzsches vornehmem Ideal".
288, 8 Übermensch] „Übermenschliches" gibt es bei N. schon in den 1870er
Jahren; das nachmals berühmt gewordene, in theologischem Kontext schon
viel früher gebräuchliche - vgl. Gerhardt 2001 - Substantiv „Übermensch" ist
ab 1882 zu belegen (vgl. NL 1882, KSA 10, 3[1]385, 100, 12). Er konnte es bei
der Lektüre von Goethes Faust (vgl. Grätz/Wenner 2018), aber auch in Alfred
Espinas' Die thierischen Gesellschaften finden: „Aber welcher Geist hat nicht
seinen eigenen Standpunkt? Und wie sollte man, falls man nicht Ueber-
mensch ist (plus qu'homme), wie Descartes sagt, von den in der zeitge-
nössischen wissenschaftlichen Welt herrschenden Neigungen sich emancipi-
ren?" (Espinas 1879, 510).
17.
Der letzte Absatz setzt mit einer Kaskade von Fragen ein, die darauf abzielen,
die „Leser[.]" (288, 16) zum Nachdenken anzuhalten, und zwar nicht nur aka-
demisch im Blick auf die Moralvergangenheit, sondern gestaltend im Blick auf
die Moralzukunft. Die Fragen zielen darauf ab, ob denn nicht der in GM I 16
dargestellte Kampf der Moralen tatsächlich schon abgeschlossen sei oder ob
nicht noch einmal ein noch schlimmeres Aufflammen „des alten Brandes"
(288, 14) erwartet werden müsse. Das „Ich" bricht hier ab und überlässt den
Lesern das Feld, „vorausgesetzt, dass es längst zur Genüge klar geworden ist,
was ich will, was ich gerade mit jener gefährlichen Losung will, welche mei-
nem letzten Buche auf den Leib geschrieben ist: Jenseits von Gut und
 
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