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256 Zur Genealogie der Moral

296, 29-31 das Sieden des Verbrechers in Öl oder Wein (noch im vierzehnten
und fünfzehnten Jahrhundert)] Vgl. Post 1880-1881, 1, 196 (hierzu Stingelin 1991,
404): „Ferner findet es sich, dass die Verbrecher gesotten werden. Es wird
dies als Strafe im alten China erwähnt, und ebenso findet sich in Deutschland
im 14. und 15. Jahrhundert, dass Missethäter in Oel oder Wein gesotten werden.
Im germanischen Alterthum findet sich Sieden in Wasser oder Erstickung in
heissen Dampfbädern."
296, 31 f. das beliebte Schinden („Riemenschneiden")] Vgl. Post 1880-1881, 1,
197 (hierzu Stingelin 1991, 405): „Es könnte sodann auch die Strafe des
Schindens noch eine allgemeinere Bedeutung haben. Erwähnt wird sie in
Abyssinien, in den assyrischen Strafgesetzen. Es ist damit zu vergleichen das
germanische ,Riemenschneiden' aus der Haut und das decalvare, die Strafe an
Haut und Haar, was sich ähnlich wieder im Avesta findet. In China erscheint
dieses selbe Riemenschneiden als eine Art der Folter."
296, 32 das Herausschneiden des Fleisches aus der Brust] Vgl. Post 1880-1881,
1, 198 (hierzu Stingelin 1991, 405): „Zum Schlüsse mag noch das Gefressenwer-
den bei den Battak auf Sumatra erwähnt werden, womit das Fleischschneiden
von der Brust im germanischen Alterthum zu vergleichen ist." Dieses Beispiel -
Post hat es einmal mehr von Grimm 1854, 690 - ist als einziges der in GM II 3
gegebenen nicht im Post-Exzerpt NL 1883, KSA 10, 8[5], 326 aufgeführt (auch
KGW VII 4/1, 189 führt keine Textvariante oder Streichung an), so dass N. bei
der Niederschrift von GM II 3 entweder (noch) auf eine andere Aufzeichnung
oder aber auf den Post-Band selbst Zugriff gehabt haben muss.
296, 32-34 auch wohl dass man den Übelthäter mit Honig bestrich und bei
brennender Sonne den Fliegen überliess] Vgl. Post 1880-1881, 1, 198 (hierzu Stin-
gelin 1991, 405): „Was sonst noch an Lebensstrafen vorkommt, hat schwerlich
irgend eine universalgeschichtliche Bedeutung. Wenn der letzte Kaiser der
zweiten Dynastie Tscheu den Fürsten von Khieu einsalzen lässt, so handelt
es sich hier um einen Willkürakt, wie solche in der Geschichte Tongkings, der
mittelasiatischen Reiche und Marokko's ebenfalls vorkommen. Hierher möchte
ich es auch rechnen, wenn von den Kandiern auf Ceylon als Strafe das Zerstos-
sen in einem Mörser erwähnt wird, und vielleicht auch eine Strafe, welche von
Bornu berichtet wird, wonach der Dieb im wiederholten Rückfalle bis an den
Kopf in die Erde gegraben, mit Butter und Honig eingerieben und so zwölf oder
achtzehn Stunden der brennenden Sonne und zahllosen Fliegen und Muskitos
ausgesetzt wird, eine Strafe, welche sich übrigens auch im germanischen Alter-
thum findet, wo ebenfalls der Verbrecher mit Honig bestrichen und in brennen-
der Sonne den Stichen der Fliegen ausgesetzt wird." Für letzteres ist wiederum
Grimm 1854, 701 die Referenz.
 
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