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432 Zur Genealogie der Moral

Welt als Wille und Vorstellung erschien zwar erst Anfang 1819, als Schopenhau-
er schon knapp 31 Jahre alt war. Mit den Vorarbeiten hatte er aber bereits fünf
Jahre davor begonnen. „,Der Unterschied zwischen Dem, der das Leiden verur-
sacht, und Dem, der es leidet, ist nur in der Erscheinung. Es ist das Alles Ein
Wille zum Leben, der mit grossen Leiden Eins ist, durch deren Erkenntniss er
sich wenden und enden kann.' Man mag nun mit diesen Ansichten überein-
stimmen oder nicht: so viel steht doch jeden Falls fest, dass ein junger Mann,
der so denkt, wie hier der 26jährige Schopenhauer, nicht die politische Begeis-
terung seiner Zeit und Altersgenossen theilen kann." (Schopenhauer 1863,
305).
348, 21-25 „Das ist der schmerzenslose Zustand, den Epikuros als das höchste
Gut und als den Zustand der Götter pries; wir sind, für jenen Augenblick, des
schnöden Willensdranges entledigt, wir feiern den Sabbat der Zuchthausarbeit
des Wollens, das Rad des Ixion steht still"...] Die in 348, 18 f. gegebene Seitenan-
gabe „Welt als Wille und Vorstellung I 231" bezieht sich auf die von Julius
Frauenstädt besorgte Ausgabe; Band 1 des Hauptwerks entspricht Band 2 der
Sämmtlichen Werke. Freilich zitiert N. nicht ganz präzise. Im Original heißt es:
„Es ist der schmerzenslose Zustand, den Epikuros als das höchste Gut und als
den Zustand der Götter pries: denn wir sind, für jenen Augenblick, des schnö-
den Willensdranges entledigt, wir feiern den Sabbath der Zuchthausarbeit des
Wollens, das Rad des Ixion steht still." (Schopenhauer 1873-1874, 2, 231) Die
Willensqual hat Schopenhauer weiter oben ausgemalt: „So liegt das Subjekt
des Wollens beständig auf dem drehenden Rade des Ixion, schöpft immer im
Siebe der Danaiden, ist der ewig schmachtende Tantalus." (Ebd.) Ixion, der
mörderische König der Lapithen, ist nach der antiken Mythologie vom Götter-
vater Zeus zum ewigen Rotieren auf einem Feuerrad verdammt worden (vgl.
Apollodor: Bibliothek IV 69). Zu Epikurs Leidensvermeidungsphilosophie
NK 381, 30-382, 6.
7.
Belange der Ästhetik, die sich beim Übergang von der Frage nach der Relevanz
der asketischen Ideale für Künstler zur Frage nach ihrer Relevanz für Philoso-
phen in GM III 5 und 6 in den Vordergrund schoben, erwiesen sich schon am
Ende von GM III 6 als bloß vordergründig: Für den exemplarischen Philoso-
phen Schopenhauer ist die Erfahrung des Schönen, der Kunstgenuss, bloß ein
Mittel, um vom Leiden wegzukommen. GM III 7 schreibt diese individualpsy-
chologische Fokussierung fort, indem nun herausgestellt wird, wie sehr Scho-
penhauer das Geschlechtliche und insbesondere die Frau „als persönlichen
 
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